Caritas-Vorstand Sebastian Koppers: Zuwendung wird Aufgabe der Menschen bleiben

Künstliche Intelligenz in der Pflege: Was geht – und wo sind Grenzen?

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Wie sieht es aus mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Pflege? Was ist machbar, was vorstellbar, was nicht? Sebastian Koppers vom Vorstand des Caritasverbands für die Stadt Münster hat sich in Projektarbeiten mit dem Thema auseinandersetzt.

Herr Koppers, wie weit ist die Auseinandersetzung mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Pflegebereich der Caritas?

Die Auseinandersetzung steht am Anfang. Immer mal wieder beschäftigen wir uns mit einzelnen Insellösungen, die uns vorgestellt werden. Wir erkennen Potenziale in der Nutzung, sehen aber noch deutliche Schwierigkeiten im realen Einsatz.

Wo könnten Sie sich einen Einsatz vorstellen?

Immer da, wo wir viele Daten schnell nutzbar machen können, um eine gründliche Einschätzung oder Expertise zu bekommen. In einer App, die wir mal geprüft haben, werden beispielsweise Videosequenzen vom Gangbild eines Menschen analysiert, um dessen Sturzrisiko einzuschätzen und es werden daraufhin geeignete Hilfsmittel vorgeschlagen. Diese Erkenntnisse werden zukünftig sicherlich einen Nutzen bringen und so zu einer Qualitätsverbesserung führen.

Wo erwarten Sie weiteren Nutzen?

Der größte Nutzen wird sicherlich in der Übernahme von eher einfachen Regel- oder Rechercheaufgaben liegen. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine KI zukünftig beispielsweise einen ersten Entwurf für einen Dienstplan erstellt: Wir füttern die KI mit Informationen zum Personalbedarf zu bestimmten Zeitpunkten und ebenso mit den verfügbaren Zeiten der Mitarbeitenden. Oft berücksichtigen wir heute bereits individuelle Wünsche der Mitarbeitenden zur Arbeitszeit. Eine KI kann hier sicherlich gute Vorarbeit leisten. Die Dienstplanenden prüfen dann kritisch, korrigieren und geben frei.

Hat die KI das Potenzial, dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken?

Nein, das sehe ich kurz- und mittelfristig noch nicht. Eine KI kann keine praktische Pflege übernehmen, keine Zuwendung geben und sicherlich auch noch nicht angemessen mit oftmals hochaltrigen und schwerkranken BewohnerInnen und PatientInnen kommunizieren. Aber die Entwicklung schreitet rasend schnell voran. Auszuschließen ist sicherlich nichts. Daher ist Technologie-Offenheit sicher notwendig. Gleichzeitig muss eine Organisation fähig sein, diese einzuführen.

Könnte menschliche Zuwendung in der Pflege künftig unter dem Einsatz von KI leiden?

Nein, das glaube ich nicht. Ich kann mir heute lediglich eine unterstützende und begleitende Vorarbeit der professionellen Tätigkeit einer Pflegekraft vorstellen. Die menschliche Zuwendung wird immer eine Aufgabe der Beschäftigten in den Einrichtungen bleiben.

Wo sind für Sie ethische Grenzen für den Einsatz der KI in der Pflege?

Die ethischen Grenzen sind ganz klar immer dann erreicht, wenn eine KI über den Einsatz von pflegerischen Interventionen entscheiden soll. Welche Kriterien greifen dann? Ob eine KI im mitmenschlichen und mitfühlenden Sinn Entscheidungen auf einer christlichen Basis treffen kann? Ich bin da skeptisch. Hier wäre mir deutlich wohler, wenn im Team intensiv abgewogen wird. Auf dieser Grundlage kann dann ethisch fundiert entschieden werden.

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