Vatikan eröffnet Kongress über Priestertum in der Krise

Kurienkardinal Ouellet beklagt "klerikale Machtmentalität" in der Kirche

  • Eine Überbetonung des Sakraments der Priesterweihe nach der Reformation beklagt Kurienkardin Marc Ouellet.
  • Der Präfekt der Bischofskongregation äußerte sich zu Beginn eines Kongresses über das Priestertum in der Krise.
  • Bei der Tagung im Vatikan rief Papst Franziskus Priester zu vier "Formen der Nähe" auf.

Anzeige

Angesichts von sexuellem Missbrauch und dessen Vertuschung durch Kleriker hat am Donnerstag im Vatikan ein dreitägiges Symposium über Fehlentwicklungen im katholischen Priesterbild begonnen.

Die Veranstaltung soll laut Kurienkardinal Marc Ouellet eine "Bestandsaufnahme aktueller soziologischer Studien vornehmen sowie historische, kulturelle und theologische Ursachen analysieren", die zu Klerikalismus und seinen diversen Formen von Missbrauch führen.

Ouellet: Priesterweihe wurde überbetont

Aufgabe des bis Samstag dauernden Symposiums ist es laut Ouellet, das allgemeine Priestertum aller getauften Christen und das besondere der ordinierten wieder in ein richtiges Verhältnis zu setzen. Durch seine Abgrenzung von der protestantischen Reformation habe das katholische Lehramt das Sakrament der Priesterweihe überbetont.

Damit habe die römisch-katholische Kirche "eine klerikale Machtmentalität und Haltung übermäßiger Kontrolle der Kleriker über die gesamte kirchliche Gemeinschaft gebilligt". Bei der von Franziskus angestoßenen Weltsynode gehe es daher auch hier um "ein neues Gleichgewicht".

Was Papst Franziskus den Priestern rät

In einer persönlich gefärbten Eröffnungsrede vor rund 500 Zuhörern in der vatikanischen Audienzhalle warnte Papst Franziskus die Kongressteilnehmer vor rein abstrakten Auswegen aus der aktuellen Krise des katholischen Priestertums. Weder eine Flucht zurück in frühere Traditionen noch vermeintlich neueste Reformen und Maßnahmen böten eine Lösung.

Stattdessen legte das Kirchenoberhaupt katholischen Priestern nahe, vier wesentliche Formen von Nähe zu pflegen. Dies sei zum einen die in einem ehrlichen Gebetsleben gepflegte Nähe zu Gott. Eine solche sei aber nur möglich und konkret, wenn der Priester gleichzeitig nah am Leben der Menschen in seiner Gemeinde sei und dieses teile.

Papst: Freundschaft helfen, Zölibat zu leben

Die dritte und vierte Säule priesterlicher Existenz sind nach Aussage des Papstes eine offene und ehrliche Beziehung zum eigenen Bischof sowie Nähe und Gemeinschaft mit anderen Priestern. Leider seien Beziehungen zwischen Klerikern oft von Neid geprägt, sagte Franziskus.

Mit Hilfe wahrer Freundschaften unter Priestern hingegen sei es möglich, den Zölibat zu leben. "Dieses Geschenk" wolle die lateinische Kirche daher bewahren, so Franziskus.

Anzeige