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Der Münchner Kardinal Reinhard Marx ist dafür, dass katholische Priester heiraten dürfen. "Es ist falsch, die Möglichkeit, den Zölibat zu leben, einfach auf den Einzelnen abzuladen", sagte Marx in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag). Der Zölibat sei "prekär", alleine zu leben, nicht so einfach.
"Es wäre besser für alle, die Möglichkeit für zölibatäre und verheiratete Priester zu schaffen", so der Kardinal. "Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet. Nicht nur aus sexuellen Gründen, sondern weil es für ihr Leben besser wäre und sie nicht einsam wären. Diese Diskussionen müssen wir führen."
Marx: Mit Frauenweihe "nicht am Ende"
Auf die Frage, ob er einen Zusammenhang zwischen dieser Einsamkeit und dem sexuellen Missbrauch sehe, antwortete der Münchner Erzbischof: "Pauschal kann man das nicht sagen. Aber diese Lebensform und dieses Männerbündische ziehen auch Leute an, die nicht geeignet sind, die sexuell unreif sind."
Zurückhaltender äußerte sich Marx zur Öffnung von Weiheämtern für Frauen. Die Diskussion müsse weiter geführt werden. Er persönlich sei auch "da nicht am Ende". Allerdings seien die Argumente, dass dies nicht gehe, für ihn im Laufe seines Lebens immer schwächer geworden. "Ich weiß nur, dass wir einen großen Konsens brauchen. Oder man zerbricht das ganze Gebäude."
Kardinal: Sexualmoral erzeugte Verklemmungen
Kritisch bewertete der Münchner Erzbischof die katholische Sexualmoral. Diese habe "viele Verklemmungen erzeugt. Da haben wir Schuld auf uns geladen". Ihm habe mal ein alter Priester gesagt: "Wenn ich alles wiedergutmachen könnte, was ich im Beichtstuhl angerichtet habe bei dem Thema." Das habe ihn, Marx erschüttert. "Und langsam bekommen wir eine Rechnung, die sich über Generationen hinweg angehäuft hat", fügte er hinzu.
Marx hofft auf umfassende Äußerung Benedikts XVI.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die Vermutung zurückgewiesen, dass er oder seine engsten Mitarbeiter Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010 in der Missbrauchsdebatte aus der Schusslinie nehmen wollten. "Weder damals noch heute wollten und wollen wir ihn weder in falscher Weise schützen noch ihm schaden", sagte Marx in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag). Seinem Beraterstab gegenüber habe er auch immer deutlich gemacht: "Hier wird die Wahrheit nicht verbogen, das machen wir nicht."
Er hoffe nun, dass sich der emeritierte Papst wie angekündigt umfassend äußern werde, sagte der Kardinal. "Und dass die Erklärung auch ein gutes Wort der Anteilnahme mit den Betroffenen enthält und berücksichtigt, was die Erwartungen sind, die jetzt da sind." Sein persönliches Verhältnis zu Benedikt XVI. sei immer gut gewesen, "auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren und sind", so Marx.