Katholisches Entwicklungshilfswerk legt Jahresbericht 2021 vor

Misereor: Vorrang für Ernährung – zu viel Getreide landet im Futtertrog

  • Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor fordert angesichts von Klimawandel und Hungerkrisen eine andere Agrarpolitik.
  • Künftig müsse die Verwendung von Nahrungsmitteln für die menschliche Ernährung klaren Vorrang haben, sagte Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.
  • Das Werk stellte seinen Jahresbericht 2021 mit Spendenzahlen vor.

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Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor fordert angesichts von Klimawandel und Hungerkrisen eine andere Agrarpolitik. Künftig müsse die Verwendung von Nahrungsmitteln für die menschliche Ernährung klaren Vorrang haben, sagte Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel bei der Vorstellung des Misereor-Jahresberichts 2021. Aktuell landeten fast 60 Prozent der deutschen Getreideernte in Futtertrögen von Viehbetrieben.

Misereor fordert ferner, Spekulation auf den Agarmärkten einzudämmen. Zum Schaden ärmerer Menschen werde auf steigende Lebensmittelpreise gewettet, so Spiegel. Weltweit seien derzeit genügend Lebensmittel vorhanden, viele Menschen könnten sich diese aber nicht leisten.

„Länder des Südens unabhängiger machen“

Die europäische Handels- und Finanzpolitik sei eine der Ursachen von Hungerkrisen, da sie die Abhängigkeit ärmerer Staaten von Lebensmittelimporten vergrößere. Spiegel forderte, deren Landwirtschaft etwa durch klimaresistente Anbaumethoden zu stärken und die Länder so unabhängiger von Importen zu machen.

Die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, betonte, Nahrung sei ein zentrales Menschenrecht. Es gebe somit eine rechtliche Verpflichtung, in internationaler Zusammenarbeit dieses Menschenrecht zu verwirklichen.

„Wohlstand nicht zu Lasten anderer sichern“

Um Umwelt, Klima und Menschenrechte zu schützen, sprach sich Misereor für eine „Kultur des Genug“ aus. Es sei nicht zukunftsfähig, den eigenen Wohlstand zu Lasten anderer zu sichern, sagte Spiegel. Misereor-Projektpartner aus aller Welt äußerten immer wieder den Vorwurf, Deutschland denke europazentriert.

Das Hilfswerk warf der Bundesregierung vor, bei der Suche nach alternativen Gaslieferanten nicht nachhaltig und fair vorzugehen. Es sei beispielsweise problematisch, dass die Regierung verstärkt Steinkohle aus Kolumbien einkaufen wolle, obwohl bei deren Förderung Umwelt- und Menschenrechtsstandards verletzt würden.

Spenden für Misereor 2021

Misereor erhielt 2021 mit 63,1 Millionen Euro etwas weniger Spenden als im Vorjahr. Insgesamt standen – einschließlich der Gelder des Bundesentwicklungsministeriums – 247 Millionen Euro zur Verfügung, die derzeit in 86 Ländern Afrikas, des Nahen Ostens, Asiens, Ozeaniens, Lateinamerikas und der Karibik eingesetzt werden.

Misereor unterstützt nach eigenen Angaben mehr als 3.100 Projekte, die von rund 1.800 Partnerorganisationen umgesetzt werden. Die meisten Mittel wurden in Projekte für Menschenrechte und die Stärkung der Zivilgesellschaft investiert. Außerdem wurden viele Gelder in den Förderbereichen Gesundheit sowie „Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei“ bewilligt.

Jüsten: Entwicklungshilfe nicht kürzen

Der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe, Karl Jüsten, äußerte die Sorge, dass die Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit durch krisenbedingte Kurzfristigkeiten in den Hintergrund geraten könne. Dies führe zu größeren Migrationsbewegungen und einer Zunahme von Armut. Eine Kürzung von entwicklungspolitischen Ausgaben sei verantwortungslos.

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