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Erstmals begeht die Kirche in diesem Jahr am 25. Juli den von Papst Franziskus neu eingeführten „Welttag der Großeltern“. Dies ist der erste Teil der Serie zu diesem neuen Gedenktag. Familie Kröger aus dem oldenburgischen Mühlen könnte ihn daheim miteinander feiern. Dort haben immer schon drei Generationen zuammengelebt. Das funktioniert gut, sagen die Krögers. Man nimmt Rücksicht aufeinander und steht sich auch in schwierigen Zeiten bei – wie derzeit gerade.
An die Samstagabende mit Oma und Opa denken die drei Enkelkinder gerne zurück. Robert Kröger (21) erinnert sich noch gut an die Stunden unten im Wohnzimmer der Großeltern. „Wetten, dass“ oder „Verstehen Sie Spaß“ und Omas frisch geschälte Äpfel. Alle nicken lächelnd, als er sagt: „Wie haben wir das genossen!“
„Vor dem Einschlafen hat sie dann noch mit uns gebetet“, ergänzt seine Schwester Hanna (23). „Es war ein Ritual. Jedes Mal das gleiche Gebet.“ Sie nickt: „Ich weiß auch noch genau, wie der letzte Satz lautete: ,Im Namen Jesu schläft unsere Hanna jetzt ganz schön ein.‘ Und bei ,ganz schön ein‘ hat sie mir immer dreimal auf die Hand gedrückt.“ Lang ist‘s her.
Erinnerungen an Abende im Wohnzimmer der Großeltern
„Ich war das mit meinen eigenen Kindern so gewohnt“, sagt die 88-Jährige Anneliese Kröger. „Und die Enkel fanden das damals auch schön: erst noch etwas miteinander reden, dann beten und schlafen.“
Mittlerweile studieren die beiden Enkelkinder in Göttingen, sind aber an den Wochenenden oft zu Hause im oldenburgischen Mühlen (Kreis Vechta), auch ihr ältester Bruder Lukas (27). Er ist mittlerweile ausgezogen, wohnt aber nur ein paar hundert Meter entfernt von seinem Elternhaus. Auch Lukas Kröger schwelgt lächelnd in seinen Erinnerungen an die Samstagabende im Wohnzimmer der Großeltern.
Oma und Opa als Babysitter engagiert
Was die drei damals nicht ahnten: dass Oma und Opa damals Babysitter-Dienste leisteten, damit ihre Eltern ausgehen gehen konnten. „Das ist uns erst viel später aufgegangen“, sagt Lukas Kröger schmunzelnd. „Wir dachten, dass sie uns mit dem Fernsehabend bei Oma und Opa eine besondere Freude machen wollten, weil das immer so schön war!“
Ihre Mutter lächelt. „Das war sehr praktisch“, sagt Kerstin Kröger. „Wenn wir am Wochenende abends los wollten, hat sich meine Schwiegermutter um die Kinder gekümmert. Und wenn ich aus dem Haus war, wusste ich: Besser als bei ihr können sie es gar nicht haben.“
Metallbaufirma über Generationen hinweg
Robert, Hanna und Lukas mussten dafür nur durch die Verbindungstür zur Treppe nach unten. Das geräumige Wohnhaus liegt direkt gegenüber der Metallbaufirma, die Ralf Kröger vor fast 30 Jahren von seinem Vater übernommen hat. So wie der von seinem Vater und der einst von seinem. Seit 1870 geht das schon so. Früher war es eine Schmiede. Und fast immer lebten hier mindestens drei Generationen unter einem Dach.
Auch Ralf Kröger ist hier so aufgewachsen. „Ich kenne das gar nicht anders“, sagt er, schaut seine Frau an und sagt: „Auch ich habe das immer genossen. Und bereut haben wir das nie!“ Kerstin Kröger nickt. Sie weiß, wieviel Glück die Familie miteinander gehabt hat. „Meine Schwiegermutter hat immer eine unglaubliche Ruhe ausgestrahlt. Auch, wenn es bei uns selbst mal etwas hektischer wurde.“
15 Enkel hat die Oma
Als die drei Kinder weiter in ihren Erinnerungen kramen, fallen ihnen nach und nach immer mehr Geschichten ein. „Wisst ihr noch: Omas ,Pannkauken‘?“, sagt Hanna Kröger und erklärt: „Wenn unsere Cousins und Cousinen da waren, hat Oma für ihre Pfannkuchen den ganzen Morgen am Herd gestanden.“
Anneliese Kröger lächelt, als sie ihre Enkelin so begeistert erzählen hört. „Wenn alle meine Kinder mit ihren Kindern da waren, dann ging es immer ganz schön rund im Haus.“ 15 Enkel hat sie insgesamt, sieben Jungs und acht Mädchen, dazu zwei Urenkel.
"Hat Oma schon jemals Nein gesagt?"
Hat es den Kindern gut getan, gemeinsam mit Oma und Opa im Haus aufzuwachsen? „Ich denke, ja“, sagt Ralf Kröger. Die bescheidene und hilfsbereite Art seiner Mutter habe auf die ganze Familie ausgestrahlt. „Ich glaube, an ihr haben wir und unsere Kinder gelernt, gut miteinander umzugehen: dass man damit aufwächst, aufeinander zu achten.“
„Ich kenne keinen anderen Menschen, der so ist wie sie“, bestätigt Robert Kröger den Eindruck seines Vaters. „Ich habe auch noch nie erlebt, dass sie sauer war.“ „Hat Oma schon jemals Nein gesagt?“, fragt sein Bruder Lukas in die Runde der anderen und gibt mit dem Tonfall seiner Frage die Antwort gleich mit.
Enkel helfen Oma gern
Guckt man sich als Enkel da etwas ab? „Grundsätzlich wäre das natürlich cool, wenn man mal irgendwann so werden würde wie Oma“, sagt Robert Kröger. „Zum Beispiel ihre Fähigkeit, sich zurückzunehmen. Vorstellen kann ich mir das selbst im Moment aber noch nicht.“
Dafür sind sie der Oma aber gerne mal behilflich. Zum Beispiel, wenn es ums Internet geht. Anneliese Kröger hält zu ihren Kindern und Enkeln in der weiten Welt Kontakt per Tablet und Smartphone, schreibt zum Beispiel regelmäßig in familiäre WhatsApp-Gruppen. Aber nicht immer funktioniert alles reibungslos. „Für solche Fälle hat sie mehrere persönliche ,Kommunikationsdienstleister‘“, erklärt Lukas Kröger. Er und die anderen stellen ihr auch schon mal die Fernbedienung für den Fernseher ein.
Größeren Streit gab es nie
Gab es auch mal größeren Streit? Kerstin Kröger schüttelt den Kopf. Klar – manches musste sich erst einspielen. Zum Beispiel die Sache mit dem Garten, den die Schwiegertochter etwas anders gestaltet hat als Oma es gewohnt war.
Aber das war schnell und einvernehmlich geklärt, sagt Ralf Kröger. Er weiß: So etwas ist wichtig! „Oft sind es ja die kleinen, profanen Dinge, bei denen ein Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen kann“, sagt er. „Aber wenn man das von Anfang an im Blick hat, kann man da von vornherein gegensteuern.“
Aber Krisen miteinander? „Überhaupt keine!“, sagt Kerstin Kröger ohne zu überlegen. „Wir haben uns wunderbar ergänzt: Was ich nicht habe, das hat sie. Zum Beispiel ihre Ruhe und eben auch ihre Pfannkuchen, die keiner so machen kann wie sie.“
Wenn sie heute selbst mal welche backen will, geht sie immer noch vorher mit der Schüssel nach unten, um sich beim Anrühren helfen zu lassen. Als sie „Weil ich das einfach nicht so gut kann wie sie“ sagt, lächelt ihre Schwiegermutter.
Familie meistert Herausforderungen zusammen
Dennoch stand und steht die Familie auch vor Herausforderungen. Derzeit ist das besonders die schwere Krankheit von Anneliese Krögers Mann Hubert. Seit mehr als 60 Jahren sind die beiden verheiratet, vor drei Jahren erst haben sie Diamantene Hochzeit gefeiert. Doch seit September kann er nicht mehr zu Hause leben und wird in einem Seniorenheim in der Nähe gepflegt. Anneliese Kröger ist jeden Tag bei ihm.
Ralf Kröger kann den Schmerz seiner Mutter über die räumliche Trennung von ihrem Mann erahnen. „Die beiden waren immer ein Team“, sagt er, „aber es geht einfach nicht.“ Auch seine Frau würde ihrer Schwiegermutter gerne helfen. „Das belastet uns derzeit mit am meisten: Zu wissen, dass wir das mit der Pflege hier nicht leisten können.“ Sie überlegt einen Moment und blickt von der Dachterrasse aus in die Weite der Felder. „Das nimmt mich mit.“ Auch, weil sie weiß, dass Anneliese Kröger ihren Mann gerne näher bei sich hätte. „Aber es geht einfach nicht.“
Immerhin bleiben Anneliese Kröger die täglichen Besuche bei ihrem Mann. „Im Moment fahre ich noch selber. Es ist ja lange genug hell.“ Im Winter bringen und holen ihre Kinder oder Enkel sie. „Auch wenn es nur drei Kilometer sind – dann soll sie nicht mehr selbst fahren“, sagt Ralf Kröger. „Natürlich ist das wieder ein Stück Freiheit, das sie damit aufgibt. Aber es geht um die Verantwortung, die wir als Kinder jetzt für sie übernehmen. So wie sie früher für uns.“