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Eine Organspende in Deutschland setzt auch zukünftig die vorherige Zustimmung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen voraus. Der Bundestag stimmte gegen die sogenannten Widerspruchsregelung.
Eine Organspende in Deutschland setzt auch zukünftig die vorherige Zustimmung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen voraus. Der Bundestag stimmte am Donnerstag in Berlin gegen Pläne zur Einführung der sogenannten Widerspruchsregelung, nach der jeder Bürger Organspender geworden wäre, wenn er dem nicht zuvor widersprochen hat. Gegen den entsprechenden Entwurf einer Gruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) stimmten 379 Parlamentarier, 292 stimmten dafür. 3 Abgeordnete enthielten sich.
Der Bundestag stimmte hingegen mehrheitlich für einen weiteren Gesetzentwurf einer Abgeordnetengruppe um Annalena Baerbock (Grüne) und Katja Kipping (Linke), der am bisherigen Grundsatz festhält, dass eine Organspende nur bei vorheriger aktiver Zustimmung der Verstorbenen oder der Angehörigen danach vorgenommen werden darf. Sie wollen aber durch eine regelmäßige Sensibilisierung bei Behörden oder Ärzten dafür sorgen, dass mehr Bürger ihre Organspendebereitschaft dokumentieren. Dafür votierten 382 Abgeordnete, dagegen 261, 28 Abgeordnete enthielten sich.
Spahn (CDU): Desaströse Versorgungslage
In der sehr engagierten rund dreistündigen Debatte betonten Redner beider Seiten den Willen, durch eine Steigerung der Zahl an Organspenden Menschenleben zu retten. Spahn (CDU) erklärte: „In keinem gesundheitlichen Sektor würde man eine so desaströse Versorgungslage akzeptieren wie bei der Organspende.“ Es gebe auch mit der Widerspruchsregelung keine Pflicht zur Spende, aber eine Pflicht, sich zu entscheiden. Angesichts des großen Leids schwerkranker Patienten sei das zumutbar.
Sein Amtsvorgänger Hermann Gröhe (CDU) betonte dagegen das Selbstbestimmungsrecht der Bürger. Es bestehe bereits eine Kultur der Solidarität. Auch die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock machte geltend, dass der Körper „nicht der Gesellschaft und nicht dem Staat“ gehöre, sondern der Person selbst. Entscheidend seien bessere Strukturen in der Transplantationsmedizin. Bislang würden nur knapp acht Prozent der Hirntoten in Krankenhäusern überhaupt als mögliche Organspender registriert.
Oppermann (SPD): Schutzpflicht des Staates für das Leben
Lauterbach wies ethische Vorbehalte gegen die Widerspruchsregelung zurück; ansonsten dürfe man auch keine Organe aus anderen Ländern annehmen. Hilde Mattheis (SPD) mahnte demgegenüber: „Eine Spende muss eine Spende bleiben: Ein aktiver freiwilliger und selbstbestimmter Akt von Menschen.“ Auch Thomas Rachel (CDU) sagte, Nächstenliebe könne nicht staatlich eingefordert werden. Er verwies auf die „erheblichen rechtlichen, ethischen und seelsorgerischen Bedenken“ der Kirchen.
Gegenüber verfassungsrechtlichen Bedenken an der Widerspruchsregelung hob Thomas Oppermann (SPD) die Schutzpflicht des Staates für das menschliche Leben hervor. Otto Fricke (FDP) betonte hingegen, dass die Grundrechte wie Menschenwürde oder körperliche Unversehrtheit Abwehrrechte des Bürgers seien, über die der Staat nicht verfügen dürfe.