Themenwoche "Die Lage in katholischen Krankenhäusern" (2)

Pflegekräfte am Limit - warum Heike Pennekamp weiter gern arbeitet

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Der Mangel an Pflegekräften in Krankenhäusern ist in aller Munde. Wie wirken sich die Unterbesetzung und die Corona-Krise konkret in den Kliniken aus? Eine Reportage aus dem Clemenshospital in Münster.

„Bevor man zwei Stationen mit wenigen Betten fahren lässt, schließt man lieber eine und füllt die andere“, erklärt Heike Pennekamp, Pflegedienstleitung im Clemenshospital Münster. Aufgrund von Personalmangel, Corona-bedingten Ausfällen und Urlaub stehen der 46-Jährigen nicht genug Pflegefachkräfte zur Verfügung, um alle Stationen offenzuhalten. Mit der Konsequenz, dass die Stationen 2b und 3b zusammengelegt worden sind. „In der Pflege können wir nicht ins Homeoffice wechseln, wenn wir krank oder in Quarantäne sind. Wir fallen aus. Punkt“, redet sich Pennekamp in Rage. Ihre blauen Augen blitzen auf. Das Team müsse den Ausfall kompensieren, was zu einer höheren Arbeitsbelastung führe. Laut hallen ihre Schritte durch den verlassenen Korridor der geschlossenen Station 2b. Statt reger Betriebsamkeit gespenstische Leere.

„Wir sind ein 24h-Betrieb und können die Patienten nicht einfach beiseitelegen, um selber wieder zu Atem zu kommen.“ Überstunden und dauerhaftes Masketragen sind eine unheilige Allianz, die nicht ohne Auswirkung bleibt. „Die Mitarbeiter sind oft überlastet. Das erhöhte Pflegeaufkommen durch Corona steigert den eh schon hohen Stresslevel zusätzlich“, berichtet die gelernte Krankenschwester. „Sagen wir doch, wie es ist: Die Pflege ist auf Kante genäht. Und die unterste Untergrenze des Personalpools ist erreicht“, bricht es aus der zweifachen Mutter heraus.

Team funktioniert gut

Trotzdem sei die Stimmung auf ihren Stationen noch gut. „Wir sind ein gutes Team und füreinander da. Man hilft sich gegenseitig. Das ist wichtig.“ Das gute Miteinander würde auch den Patienten auffallen. „Die merken, dass das Team harmoniert und gut funktioniert“, freut sich Pennekamp. „Es darf zwischendurch auch mal knallen. Wir sind ja auch nur Menschen“, betont sie. Aber nach dem reinigenden Gewitter müsse eine Aussprache erfolgen, um wieder vertrauensvoll miteinander arbeiten zu können. „Wir überlassen dem Stress nicht die Regie.“ Die Bereichsleiterin ist davon überzeugt, dass diese Art des Umgangs die Menschen bei ihr im Haus halte. „Die Belastung kann man nicht wegreden. Aber die Mitarbeitenden bleiben da, wo sie sich zugehörig und verstanden fühlen. Damit kann man punkten.“ So erklärt sie sich auch den Umstand, dass bei ihr im Bereich kaum jemand kündige. „So schlecht kann es bei uns also nicht sein.“

Gleichzeitig bedauert sie, dass teambildende Maßnahmen wie Weihnachtsfeiern der Pandemie zum Opfer gefallen seien. „Die stärken das Team und fördern die Identifikation mit dem Haus. Dass das alles gerade ausfällt, macht was mit den Menschen.“ Denn: „Wir leben vom Miteinander. Wir arbeiten in einem Sozialberuf. Es geht bei uns nicht nur darum, möglichst viele Patienten zu versorgen, sondern auch um uns als Team.“

Zeitarbeit als zweischneidiges Schwert

Daher sei auch die Zeitarbeit keine Lösung, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Im Gegenteil. Die Leiharbeiter hätten kaum Kontakt zur Stammbelegschaft, da sie immer nur kurz da seien, berichtet Pennekamp aus eigener Erfahrung. „Wenn einer aus der Zeitarbeit sagt ´Ich mach nur früh`, muss ich die anderen drumherum einplanen. Das ist nicht gerecht gegenüber den eigenen Mitarbeitenden.“ Ohne Zeitarbeit gehe es aber auch nicht. „Es ist ein zweischneidiges Schwert.“ Und teuer, da die externen Kräfte teuer „eingekauft“ würden.

„Für mich ist es immer noch ein Traumberuf“, betont sie mit leuchtenden Augen. Für Pennekamp kam immer nur ein kirchliches Haus infrage. „Der Glaube spielt für mich eine wichtige Rolle. Daher kam für mich auch nur ein Träger infrage, bei dem Ethik und die Würde des Menschen im Vordergrund stehen und dem es nicht nur um Bilanzen und Rendite geht.“

Clemenshospital legt Wert auf Seelsorge

Im Clemenshospital werde noch viel Wert auf die Seelsorge gelegt, „für uns, für die Patienten, Angehörige, für alle.“  Es herrsche ein „besonderer Geist“ im Haus. Deswegen fühlt sich Pennekamp dem Hospital auch sehr verbunden. „Einmal Clemens, immer Clemens“, ruft sie lachend den Wahlspruch der „Clemensianer“ durch die leere Station, als sie wieder an die Arbeit geht.

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