Mit dem „Lied des Monats“ wird Unbekanntes etabliert

Rückenwind für neues Gotteslob in der Klosterkirche Marienfeld

Um neue Lieder in den Gottesdiensten zu etablieren, hat man sich in der Klosterkirche Marienfeld etwas einfallen lassen. Die Idee: Ein „Lied des Monats“ steht jeweils für vier Wochen im Mittelpunkt.

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Es ist gut zwei Jahre her, dass sich Pater Gottfried noch vor dem Sonntagsgottesdienst vor die Gemeinde stellte und das Lied Nummer 465 im Gotteslob aufrief: „Das Jahr steht auf der Höhe.“ Ein Lied, das neu in das Gesangbuch aufgenommen worden war. „Vor allem aber ist es wunderschön“, sagt der Benediktiner. „Deshalb haben wir es ausgesucht.“

Ausgewählt zum „Lied des Monats“. Das gibt es schon seit einigen Jahren in der Klosterkirche in Marienfeld nahe Harsewinkel im Ostmünsterland. „Wir proben es gemeinsam vor der Sonntagsmesse“, erklärt der Pater die Idee. „Und dann findet es sich in den folgenden vier Wochen immer wieder auf der Liederliste wieder.“ So rutschten nach und nach Gesänge ins Blickfeld der Gemeinde, die sonst keine Chance gehabt hätten, sich zu etablieren. Auch Nummer 465 hat es geschafft. Obwohl es nur in den Sommermonaten zum Aufruf kommt.

 

Chormitglieder als Zugpferde

 

„Pater Gottfried ist ein Glücksfall“, sagt Andreas Müller, der Kirchenmusiker in Marienfeld ist. „Er interessiert sich nicht nur für die neuen Lieder, er kann auch sehr gut singen.“ Allein schon die Animation durch einen guten Sänger helfe der Gottesdienstgemeinde, sich auf die neue Musik einzulassen.

Müller hatte aber noch eine Idee, um die Entwicklung weg von einer begrenzten Auswahl an Gotteslob-Nummern voranzutreiben. Das „Lied des Monats“ gehörte in der entsprechenden Zeit auch immer zu den Proben mit seinen Chören. „Dort hat man starke Sänger, die regelmäßig die Gottesdienste besuchen.“ Sie sind es, die laut einstimmen und die anderen in der Kirche mitziehen können. „Ein wichtiges Potential!“

Warum aber ein solcher Aufwand? Die Menschen in Marienfeld waren doch zuvor auch glücklich mit den ihnen bekannten, so oft gesungenen Melodien und Texten. „Wir wissen ja, wann die Herzen aufgehen“, sagt auch Müller. Es sind vor allem die Klassiker, sowohl die, die schon im alten Laudate ihren Platz hatte, als auch einige der Neuen Geistlichen Lieder. „Wir würden aber einen großen Schatz verschenken, wenn wir nicht die Breite des neuen Gotteslobs nutzen würden“, sagt Müller.

 

Gehaltvolle Texte

 

Es sind für den Kirchenmusiker vor allem die Texte, die Gehaltvolles zu den Gottesdiensten beitragen können. „Es kann ja nicht nur darum gehen, dass die Leute laut singen.“ Es gehe auch nicht darum, dass sich der Gesang musikalisch weiterentwickele. „Sondern es geht darum, dass die Liturgie auch von den Liedtexten getragen wird.“

Ein Stilmittel dafür, das in Marienfeld seinen festen Platz hat, ist die Lied-Predigt. Auch sie begleitet die Einführung neuer Lieder. Dabei steht eben vor allem der Text im Mittelpunkt. Pater Gottfried predigt quasi an den Strophen entlang, die nach und nach gesprochen werden. Dabei erklärt er theologische Hintergründe und legt deren Bedeutung aus.

„Eine solche Idee darf man nicht einfach im Raum stehen lassen“, ergänzt Müller. „Man muss die Gemeinde aufklären, warum das so gemacht wird.“ Die Möglichkeiten der Verkündigung in der Kirchenmusik müsse den Menschen bewusst sein. Nur so kann ich sie zu den neuen Liedern mitnehmen.“ Es gehe nicht um die Musik. Es geht um Gemeinde und Liturgie, sagt er: „Ohne den Blick in den Rückspiegel an der Orgel geht es ja auch nicht – ich muss beides im Blick zu halten.“

 

Die Mischung macht's

 

Bei allen guten Ideen – es bleibt eine Herausforderung, auch in Marienfeld. Ein Selbstläufer sind die neuen Lieder nicht. Für Müller ist auch Vorsicht gefragt. „Damit die Gemeinde nicht überfordert wird.“ Sein Konzept heißt „Mischen“. Die Gottesdienstbesucher kommen nicht allein mit dem Kopf, sondern auch mit ihrer Seele. Und die brauchen manchmal auch einfach nur einen „Schlager“, wie er die klassischen, beliebten Lieder augenzwinkernd nennt.

Den „Schlager“ findet Müller überhaupt nicht anrüchig. „Auch mal eine Messe nur mit solchen Liedern ist in Ordnung.“ Der Gottesdienstbesucher, der gern mit einem „Großer Gott wir loben dich“ auf den Lippen nach Hause geht, sei ja kein schlechterer Christ. Der Kirchenmusiker wünscht sich aber, dass es nicht dabei bleibt. Und vielleicht: „Wenn wir die neuen Lieder so intensiv einbringen, können daraus ja auch mal echte Schlager werden ...“

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