Matthias Möhring-Hesse enttäuscht von NRW-Sozialminister Laumann

Sozialethiker: CDU-Pläne zum Bürgergeld „sozialpolitisch unanständig“

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Der katholische Sozialethik-Professor Matthias Möhring-Hesse (Universität Tübingen) übt scharfe Kritik an den CDU-Vorschlägen zur Reform des Bürgergelds. Besonders enttäuscht zeigt er sich, dass sich auch das „angebliche soziale Gewissen“ der Christdemokraten die Vorschläge zu eigen macht.

Sozialverbände haben die Pläne der CDU zum Umbau des Bürgergelds als populistisch und unsäglich kritisiert. „Da würde ich nicht widersprechen“, sagte Matthias Möhring-Hesse, Professor für Sozialethik an der Universität Tübingen, am Dienstag im Gespräch mit Kirche+Leben. Was die CDU vorschlage, sei „sozialpolitisch unanständig“.

Die CDU meint, der Name „Bürgergeld“ führe in die Irre und sei Ausdruck des politischen Konzepts eines bedingungslosen Grundeinkommens, das die Christdemokraten ablehnen. Die Grundsicherung sei ein verfassungsmäßig garantiertes Recht, entgegnet Möhring-Hesse. Man könne über den Begriff „Bürgergeld“ diskutieren, den die CDU durch den Terminus „neue Grundsicherung“ abgelöst wissen will. An dem tatsächlich bestehenden Anspruchscharakter der Leistung für jeden, der sich legal in Deutschland aufhalte, ändere das jedoch „rein gar nichts“, sagte der Sozialethiker. Es gehe der CDU auch gar nicht um Änderungen in der Sache, sondern darum, dass das System nicht in Verruf gebracht werde. Dabei sei es die CDU selbst, die es in Verruf bringe.

Zweifel, dass die CDU-Pläne verfassungsgemäß sind

Auf deutliche Ablehnung stößt bei dem Sozialethiker der Passus, in dem es heißt: „Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine ihm zumutbare Arbeit ab ('Totalverweigerer'), soll zukünftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist.“ Ein Anspruch auf Grundsicherung soll dann nicht mehr bestehen. Möhring-Hesse sieht das höchst kritisch, denn: Was ein sachlicher Grund und was eine zumutbare Arbeit sei, das entscheide dann alleine die Behörde, der betreffenden Person werde „jede Freiheit der Verweigerung“ und „jede Form der Mitwirkung“ genommen. „Wie das verfassungsgemäß sein soll, kann ich nicht sehen.“

Möhring-Hesse moniert auch, dass nach dem Willen der CDU ab dem ersten Tag in der Grundsicherung eine Vermögensprüfung vorgenommen werden soll. Die Grenzen von Schonvermögen sollten gesenkt und das Schonvermögen von der Zahl der Arbeitsjahre abhängig gemacht werden, so die Partei. Möhring-Hesse sagte dazu, die Menschen seien doch ermutigt worden, sich verstärkt privat um den Vermögensaufbau zu kümmern. Und genau dieses Vermögen wolle man jetzt angreifen.

Möhring-Hesse enttäuscht von NRW-Sozialminister Laumann

Es sei unterm Strich keine Lösung sozialpolitischer Probleme, „eine Stimmung zu erzeugen und die dann in Form von Wählerstimmen auszubeuten“, sagte Möhring-Hesse. Grundsätzlich überrasche ihn der CDU-Vorstoß nicht, er sei schon im Grundsatzprogramm der Partei angelegt. Was ihn allerdings überrasche, sei, dass sich Karl-Josef Laumann, „sozialpolitisches Gewissen“ seiner Partei, hinter den Vorschlag stelle. „Er müsste besser wissen, welchen Lernerfolg wir beim Thema Grundsicherung haben. Er dürfte so nicht reden, er disqualifiziert sich selbst.“ Laumann gilt als Aushängeschild des Arbeitnehmerflügels in der CDU. „Ich glaube, dass auch SPD und Grüne einsehen müssen, dass das jetzige Bürgergeld vom Namen her falsch ist, falsche Anreize setzt“, hatte der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozialminister gesagt.

Möhring-Hesse hingegen bedauert, dass es beim Thema Grundsicherung keine Lernerfolge zu geben scheine. Die Grundsicherung habe ermöglicht, dass man die Corona-Zeit ohne größere sozialpolitische Verwerfungen überstanden habe. Statt daraus Schlüsse zu ziehen, fange man immer wieder die alten Debatten zu dem Thema an.

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