Neues Angebot von Rainer Hagencord und dem Institut für theologische Zoologie in Münster

Tierische Exerzitien mit Eseln

Man muss nicht unbedingt ins Kloster gehen, um Gott und sich selbst wieder stärker auf die Spur zu kommen. Der Priester und Biologe Rainer Hagencord und Daniel Steinke, pädagogischer Leiter von Haus Mariengrund in Münster, setzen auf Esel und Bienen.

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Sein Arbeitszimmer hat Rainer Hagencord seit Jahresanfang in Haus Mariengrund in Münster-Gievenbeck. Das Tagungs- und Bildungshaus in Trägerschaft der Ludgerusgemeinschaft liegt idyllisch zwischen Wiesen und einem Wäldchen. Der ideale Ort für das 2009 gegründete Institut für theologische Zoologie, das Leiter Hagencord leitet.

Der Umzug des Instituts zum Haus Mariengrund kommt beiden Seiten entgegen: Hagencord,  katholischer Priester und Biologe, kann sein Anliegen, die Menschen für die Schönheit und den Schutz der Schöpfung zu sensibilisieren, konkret umsetzen. Und Daniel Steinke, pädagogischer Leiter von Haus Mariengrund, sieht die Möglichkeit, dadurch das Profil des Hauses zu schärfen.

 

Mensch als Teil der Natur

 

Konkret wird das Ganze am 9. April, Palmsonntag, Dann wird sich das Institut, das an die Philosophisch-theologische Hochschule der Kapuziner in Münster angebunden ist, mit einem Symposium zum Mensch-Tier-Verhältnis“ offiziell am neuen Standort präsentieren. Passend zum Palmsonntag – dem Tag, an dem Jesus auf einem Esel in Jerusalem einzog – werden dann zwei Poitou-Esel auf einer benachbarten Weide grasen.

Es sind besonders große Esel mit dichtem Fell, von denen es weltweit nur noch rund 3000 Tiere gibt. Rainer Hagencord bekommt sie – zunächst leihweise – aus Olfen, seinem früheren Wirkungsort als Kaplan.

Ein schöner Ort für das Projekt mit den Tieren: Theologe und Biologe Rainer Hagencord (links) und Daniel Steinke, pädagogischer Leiter von Haus Mariengrund. | Foto: Annette SaalEin schöner Ort für das Projekt mit den Tieren: Theologe und Biologe Rainer Hagencord (links) und Daniel Steinke, pädagogischer Leiter von Haus Mariengrund. | Foto: Annette Saal

 

Helfer, Partner, Inspirateure

 

Der Einzug der Esel bildet den Auftakt von Bildungsangeboten, die sich mit Aspekten der Schöpfung, der Rolle des Menschen als Teil der Natur und  theologischen Fragen mit Blick auf das Tier befassen. So sind Besinnungstage und Exerzitien für Gruppen und Einzelpersonen geplant, aber auch Zooführungen, künstlerische Umsetzungen und Weiterbildungsangebote – zum Teil in Zusammenarbeit mit der Katholischen Hochschule Münster.

Als Helfer, Partner und Inspirateure spielen dabei die Tiere eine wichtige Rolle: So leben nicht nur die Esel mit ihrem neuen Offenstall und tausend Quadratmeter großen Auslauf künftig in unmittelbarer Nähe zum Bildungshaus. Auch Bienen werden dort gehalten; ein Kräutergarten und Hochbeete mit heimischen Gemüsesorten sollen angelegt werden.

 

Tiere sind keine Geräte

 

Warum gerade Esel, warum gerade  Bienen? Da gibt es zunächst biblische Bezüge, zum Beispiel im Alten Testament die Geschichte von Bileam und der klugen Eselin, die den Engel Gottes erkennt. Zum anderen sind es auch  die Eigenschaften der Tiere, mit denen sich arbeiten lässt: „Esel sind Tiere, die sehr schnell deutlich machen, dass sie keine Geräte sind“, sagt Hagencord. Und die Bienen öffneten die Tür zu  weiteren Themenbereichen wie Lebensmittel-Erzeugung, Artenvielfalt, Artenschwund  und Evolution.

Mehr Informationen:
Institut für Theologische Zoologie

Im Zusammenhang mit der Schöpfung geht es in Haus Mariengrund auch – und gerade – um den Menschen. Bei der Rückbesinnung darauf, dass er Teil der Schöpfung Gottes ist, kann die Begegnung mit den Tieren helfen. „Sie können ein Vorbild sein, sich mit dem Hier und Jetzt anzufreunden“, sagt Hagencord.  „Denn sie leben im Hier und Jetzt.“

 

Raubbau an sich selbst

 

Daniel Steinke ist überzeugt, dass der Ansatz von Rainer Hagencord hervorragend zum Konzept von Haus Mariengrund passt: Seit 2015 verfolge das Bildungshaus ohnehin eine Neuausrichtung – hin zum Profil der „Bildungs-Auszeit“. „Die Menschen  sind darauf ausgerichtet, sich immer weiter zu optimieren, sich anzupassen. Damit betreiben sie oft Raubbau an sich selbst“, beobachtet Steinke.

Zurzeit mischt sich Vorarbeit mit Vorfreude. Beim Gang über das weitläufige Gelände sieht Rainer Hagencord schon vor seinem inneren Auge, was einmal wachsen und werden soll. Noch ist die Rasenfläche am Haus, auf der einmal Kräuter sprießen sollen, von Raureif überzogen. Noch ist die Eselwiese leer. Doch Hagencord denkt schon weiter. Er hofft, dass in Zukunft noch andere Tiere hinzukommen: „Das könnte der Anfang einer Arche Noah sein.“

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