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Die Rede von der „Offenen Kirche“ ist zu einem geflügelten Wort geworden. Es ist der Wunsch der Pfarreien, in der Seelsorge nah bei den Menschen zu sein. Doch zur Zeit verlassen viele Menschen die Kirche, oft auch aus der Mitte der Gemeinden. Warum ihm deshalb eine „Offene Kirche für Ausgetretene“ wichtig ist, erläutert Pfarrer Matthias Hembrock aus Bocholt im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“.
Herr Hembrock, eine „Offene Kirche für Ausgetretene“ - so lautet der Titel der Fastenpredigt, die Sie bald in Bocholt und Rhede halten werden. Wie sollte die Kirche mit Ausgetretenen in Verbindung treten?
Das Wichtigste ist wertschätzende Kommunikation. Wir halten die Tür offen für Ausgetretene. Sie leben oftmals christliche Werte und praktizieren auch den Glauben. Wir fühlen uns mit ihnen bleibend verbunden und reagieren nicht beleidigt oder abweisend auf den Austritt. Vielmehr versuchen wir zu verstehen, was sie uns damit sagen wollen und möchten Kirche und Gemeinde dementsprechend neu gestalten.
Wer aus der Kirche austritt, bekommt in der Regel einen Brief vom Pfarrer mit Hinweisen darüber, welche Konsequenzen der Austritt hat. Ist das der richtige Weg?
Unser Brief ist anders. Wir signalisieren Verständnis und möchten verstehen, was wir anders machen können, um berechtigter Kirchenkritik konstruktiv zu begegnen. Auch Ausgetretene können Paten sein, sie können kirchlich heiraten, ihre Kinder können getauft werden, und auch ein kirchliches Begräbnis ist möglich. Sie sind ja nach wie vor getauft, zahlen nur keine Kirchensteuer mehr.
Noch nie gab es in Deutschland so viele Kirchenaustritte wie zurzeit. Viele gehen bitter enttäuscht. Warum braucht es da noch eine „Offene Kirche für Ausgetretene“?
Weil wir von den Ausgetretenen etwas lernen können. Sie bekommen immer einen einfachen Fragebogen zugeschickt, den sie mit dem beigefügten frankierten Rückumschlag an uns senden können, entweder anonym oder mit Namen. Sie schreiben uns oft die Beweggründe ihres Austritts und zeigen damit auf, wo wir als Kirche besser werden müssen, zum Beispiel in der Aufarbeitung der Missbräuche. Wir wollen mit niemandem den Gesprächsfaden abreißen lassen, denn nur im Dialog mit allen können wir mehr Kirche Jesu Christi werden.
Fastenpredigten „Die Kirche ist offen“
Die in diesem Jahr stattfindenden Fastenpredigten im Dekanat Bocholt stehen unter dem Motto „Die Kirche ist offen!“. Die Fastenpredigten sind jeweils um 15 Uhr in der St.-Gudula-Kirche in Rhede und um 17 Uhr in der St.-Georg-Kirche in Bocholt. Am 1. Fastensonntag, 6. März, spricht Pastoralassistent Stephan Orth aus Duisburg zum Thema „Offen für den Moment“. Am 2. Fastensonntag, 13. März, referiert die Arbeitsgruppe „Regenbogen“ der Pfarrei St. Gudula mit Klaus Heumer und Pfarrer Thorsten Schmölzing zum Thema „Offen für Regenbogenfamilien“. Am 3. Fastensonntag, 20. März, spricht Pfarrer Matthias Hembrock zum Thema „Offen für Ausgetretene“. Am 4. Fastensonntag, 27. März, predigt die Pastoralreferentin und erste Gemeindeleiterin im Bistum Münster, Anja Daut aus Saerbeck, zum Thema „Offen für neue Entwicklung“.