Jens Ehebrecht-Zumsande zur Erklärung „Fiducia supplicans“

Vatikan-Ja zu Segnungen: Eher Mogelpackung als Weihnachtsgeschenk

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Das Vatikan-Ja für Segnung homosexueller Paare kommt zunächst als ein Geschenk daher. Doch wenn man genauer hinschaut, entpuppt sich die Erklärung als Mogelpackung, sagt #OutInChurch-Vorstandsmitglied Jens Ehebrecht-Zumsande in seinem Gast-Kommentar.

Bei manchen Geschenken denkt man sich schon beim Auspacken: „Hoffentlich hat er den Kassenbeleg noch. Das tausche ich um.“ So in etwa ging es mir, als ich den kompletten Wortlaut der Erklärung „Fiducia supplicans – über die pastorale Sinngebung von Segnungen“ der Glaubenskongregation gelesen hatte. Die Schlagzeilen in den Medien hatten mich eigentlich positiver gestimmt. Doch zu früh gefreut!

Was der Vatikan als Weihnachtsgeschenk präsentiert, ist doch eher eine Mogelpackung. Weiterhin gilt jede Form von Beziehung und Sexualität, die nicht heterosexuell in einer sakramentalen Ehe gelebt wird, als schwere Sünde. Sie kann nicht durch ein kirchliches Ritual gesegnet, also gutgeheißen werden. Was aber zukünftig doch irgendwie gehen soll, entspricht in etwa dem, was im vergangenen Jahr auch die flämischen Bischöfe vorgelegt haben: eine Segnung im Kontext der Seelsorge. Das vatikanische Papier regelt: Die Segnung darf nicht in einer feierlichen Liturgie stattfinden, nichts soll auch nur entfernt an eine Eheschließung erinnern, auf keinen Fall darf die Segnung im Zusammenhang mit einer standesamtlichen Trauung stehen.

Von Anerkennung ist Vatikan weit entfernt

Der Autor:
Jens Ehebrecht-Zumsande ist Religionspädagoge und Supervisor im Erzbistum Hamburg sowie Mitglied im Vorstand von OutInChurch e.V.

Die Erklärung sei ein „Geschenk an das gläubige Volk Gottes“, heißt es in der Einleitung. Im Text wird genau geregelt, wer dieses Geschenk für sich in Anspruch nehmen darf und wie es auszupacken ist. Der Vatikan wird dabei kreativ und unterscheidet einen „ordentlichen“ liturgischen Segen von einer Segnung im Rahmen der Volksfrömmigkeit. 

Mehrfach zitiert der Text den Papst in seinem Bemühen um eine „väterliche und pastorale Haltung“.  Und weil queere Paare nach vatikanischem Verständnis auch weiterhin in einer „irregulären Situation“ leben, brauchen sie Zuwendung und Stärkung. In einem paternalistischen Ton klingt das unter anderem so: „Diese Formen des Segens sind Ausdruck der Bitte an Gott, jene Hilfen zu gewähren, […] damit die menschlichen Beziehungen […] sich von ihren Unvollkommenheiten und Schwächen befreien und sich in der immer größeren Dimension der göttlichen Liebe ausdrücken können.“ (Nr. 31) Von Anerkennung oder gar „Augenhöhe“ ist das noch weit entfernt.

Queere Personen weiterhin diskriminiert

Für vatikanische Verhältnisse und in einer weltkirchlichen Perspektive mag dies tatsächlich ein großer Schritt nach vorne sein. Immerhin ist dies ein deutliches Signal des Papstes an all diejenigen, die jede Diskussion über eine Weiterentwicklung der Sexualmoral strikt ablehnen und schon in dieser Form der Segnung den Untergang des christlichen Abendlandes herbeischreiben.

Aus einer queeren Perspektive lese ich die Regelungen aber als Fortsetzung der bestehenden Diskriminierung. Auch wenn die weihnachtliche Verpackung nett aussieht, der Inhalt ist trotzdem daneben. Ich hoffe, der Vatikan hat die Belege aufbewahrt. Denn dieses Geschenk möchte ich umtauschen.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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