Johannes Bernard über gutgemeinte Vorschläge zum Geld der Kirchen

Verzicht auf Kirchensteuer und Staatsleistungen? Sicher nicht!

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Die Deutschen wollen keine Kirchensteuer mehr und ein Theologieprofessor findet, die Kirche sollte auch auf die Staatsleistungen verzichten. Da dürften sich die Finanzminister der Länder verwundert die Augen reiben - so wie auch Johannes Bernard in seinem Kommentar.

Kirche und das liebe Geld, das ist ein viel besprochenes Thema. Auch bei nicht sommerlichen Temperaturen sorgt es für hitzige Debatten. Angeheizt werden sie durch Umfragen. Die jüngste stellt fest, dass eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger die Abschaffung der Kirchensteuer wünscht. Rund drei Viertel der Menschen finden die Kirchensteuer nicht mehr zeitgemäß. Ein hoher Wert, der darauf schließen lässt, dass der Exodus aus den Kirchen weitergeht.

Die Umfrage bezog sich nur auf die Kirchensteuer. Nicht abgefragt wurde die Bereitschaft, ob man weiterhin die Grundsteuer, die Gewerbesteuer und die Mehrwertsteuer zahlen möchte und ob der Bußgeldkatalog für Verkehrssünder nicht doch etwas zu hoch ausgefallen ist. Hätte man nach diesen Steuern und Gebühren gefragt, so hätten sicher ebenso viele Bundesbürger mit Freude eine Abschaffung dieser Belastungen gefordert.

Irritierende Professoren-Meinung

Insofern ist das Meinungsbild zur Kirchensteuer mit Vorsicht zu genießen. Dass die Kirchen regelmäßig und zu jeder Zeit Auskunft zu geben haben über die Verwendung ihrer Einnahmen, versteht sich von selbst.

Die Meinung eines katholischen Professors irritiert umso mehr. Der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann schlägt das Ende der Staatsleistungen ohne Einmalzahlung vor. Bei den Staatsleistungen handelt es sich um Gelder, die der Staat den Kirchen als Entschädigung dafür zahlt, dass er ihnen nach 1803 im Rahmen der Säkularisation Besitztümer enteignet hat. Diese Zahlungen abzuschaffen, „wäre ein starkes Zeichen“, behauptet Sellmann.

Finanzminister reiben sich die Augen

In der Tat: Für die beiden großen Kirchen machen die Staatsleistungen jährlich etwa 600 Millionen Euro aus; davon gehen rund 60 Prozent an die evangelischen Landeskirchen. Bislang haben Bund, Länder und Kirchen noch keine Ablösung mit den Kirchen vereinbart. Wohl aber hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als aktueller Vorsitzender der Ministerpräsidenten-Konferenz die Staatsleistungen an die Kirchen als gut angelegte Gelder bezeichnet.

Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Bundesländer müssen sich verwundert die Augen reiben, wenn nun Theologielehrende an den staatlichen Fakultäten, von denen die allermeisten nicht durch Kirchensteuer, sondern vom Staat bezahlt werden, Zahlungen an die Kirchen eher peinlich finden. Wer ein Ende der Staatsleistungen ohne Entschädigung fordert, sollte die Konsequenzen bedenken und überlegen, wer was und für wen bezahlt.

Ohne Steuern wird es nicht gehen

Wer einen Verzicht als starkes Zeichen postuliert, muss sagen, an welcher Stelle das fehlende Geld gestrichen wird. Wer vom Staat oder von der Kirche erhaltenes Geld als peinlich oder nicht mehr als zeitgemäß findet, kann es freiwillig zurückgeben oder es an andere weitergeben.

Bei all dem: Ohne Steuern wird es nicht gehen; es gibt gute Gründe für die Kirchensteuer und für eine (zeitlich befristete) Zahlung der Staatsleistungen, über die nach wie vor verhandelt wird. Die Kirchen sind ein verlässlicher Partner, wenn es darum geht, Kindertagesstätten zu betreiben, die Stiftungsvermögen für die Krankenhäuser zu verwalten, Beratungsdienste für alle bereit zu stellen, Tausende von Kirchengebäuden zu unterhalten und nicht zuletzt in vielen Lebenslagen ein Alltagsbegleiter zu sein.

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