Spenden gehen deutlich zurück

Warum die Malteser Notleidenden in Putins Partnerland Belarus helfen

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Wer denkt in Zeiten des Ukraine-Kriegs noch an Bedürftige in Belarus, Putins Verbündetem? Der Länder-Experte der deutschen Malteser erklärt, warum sein Verband dort trotzdem weiter hilft.

Er kennt solche kritischen Fragen. „Warum sollen wir noch Hilfe nach Belarus schicken? Ausgerechnet in ein Land, das um Ukraine-Krieg auf der Seite Russlands steht?“ Michael Daemen hat darauf eine Gegenfrage parat. „Was kann denn der Obdachlose oder die alte Frau in einem Dorf für das System?“ Und auch eine Antwort: „Als Christen ist es unsere Pflicht, diesen Menschen helfen.“

Aber: Diese Hilfe ist den vergangenen Jahren schwieriger geworden. Als „Länderansprechpartner“ der deutschen Malteser für Belarus bekommt Michael Daemen mit, wie zum Beispiel die Spendenbereitschaft geschrumpft ist. Das wundert ihn nicht. „Wann kommt die Lage der Menschen in Belarus schon mal in den Medien vor?“, fragt er und schiebt die Antwort selbst hinterher: „Gar nicht!“ Im Moment gehe die Hilfe in die Ukraine oder in andere aktuelle Katastrophengebiete auf der Welt. Dabei wachse auch die Not der Menschen in Belarus.

Zahl der Hilfsanträge wächst


Michael Daemen aus Goldenstedt (Kreis Vechta) ist für die deutschen Malteser „Länderansprechpartner“ für Belarus. Außerdem ist er für Malteser International als Länderreferent zuständig für die weltweite Ukraine-Hilfe der Malteser. | Foto: Michael Rottmann

Der ehemalige Bundeswehrsoldat kennt das frühere Weißrussland seit Jahrzehnten und verfügt über ein Netzwerk im gesamten Land. Dass die Not wächst, das sieht er an der steigenden Zahl von Anträgen der weißrussischen Caritas an die Malteser in Deutschland, die allesamt auf seinem Schreibtisch landen. Für Projekte für Familien mit Kindern, die nicht wissen, wie sie klarkommen, für Senioren oder Armenküchen. Daemens Job ist es, alle Anträge zu sichten und mögliche Spender aus dem Umfeld der Malteser zu finden. Seine Erfahrung dabei: „Anträge gibt es genug. Aber es mangelt an Spenden.“

Manchmal kann er aber doch Hilfe vermitteln. Wie gerade erst bei einem Antrag der Caritas in Grodno im Westen von Belarus. Für eine Suppenküche, mit der dort ein halbes Jahr Bedürftige unterstützt werden. Die Malteser haben dafür die notwendigen Container besorgt. Die Caritas wird dort den Winter über Lebensmittel an mehr als 200 Menschen verteilen. Die Gesamtkosten des befristeten Projekts, rund 16.000 Euro, würden sich voraussichtlich die Malteser-Bundesebene und der Caritas-Landesverband Oldenburg teilen, sagt Michael Daemen. Er ist im Gespräch mit beiden.

Ein weiteres Problem: die Abschottung von Belarus

Doch nicht nur fehlende Spenden sind ein Problem für die Weißrusslandhilfe der Malteser. Sondern zudem die Abschottung des Landes. „Helfer kommen nur noch mit sehr viel Aufwand nach Belarus“, sagt Michael Daemen. Bis vor zwei Jahren habe man noch über Istanbul nach Minsk fliegen können. Das sei schwieriger geworden und erschwere persönliche Kontakte zu Partnern und Projekten vor Ort.

Auch Hilfstransporte sind aufwändiger und oft verbunden mit tagelangen Wartezeiten an der Grenze. Litauen zum Beispiel habe als Folge des Ukraine-Kriegs seit dem 18. August zwei von vier Grenzübergängen geschlossen. „Einer unserer letzten LKWs stand 14 Tage in Polen an der Grenze“, sagt der Malteser. So etwas mache den Landweg deutlich teurer: Habe ein Transport früher 2.000 Euro gekostet, habe er sich nach zwischenzeitlich 10.000 Euro bei etwa 5.000 Euro eingependelt. „Bei diesen Kosten ist ein Hilfstransport aber nicht mehr sinnvoll“, sagt Michael Daemen.

Vor allen Dingen Pflegehilfsmittel und Kleidung


Das Foto zeigt eine Armenküche der Caritas in Grodno (Belarus), die mithilfe der Malteser möglich gemacht wurde. | Foto: Malteser

Dabei seien die Zeiten von LKWs voll von Lebensmittelpaketen oder ausgemusterten Geräten sowieso vorbei. Weil sich Belarus an europäische Standards angepasst hat, etwa was die Mindesthaltbarkeit angeht. „Lebensmittel gehen gar nicht mehr dorthin“, sagt Michael Daemen. Eine Weihnachtspäckchen-Aktion mit selbst gepackten Paketen etwa sei heute undenkbar. Aber auch so gut wie keine ausgemusterten elektronischen Geräte, etwa aus Krankenhäusern oder Arztpraxen, gingen mehr nach Weißrussland. Weil sie den staatlich geforderten Standards, die ebenso in der Europäischen Union gelten, nicht genügen. „Da geht eigentlich nur noch Neuware.“

Gefragt seien dagegen weiterhin Pflegehilfsmittel, Verbrauchsmaterial, für Altenheime oder Krankenhäuser. Meist läuft es so, dass die Partner der Caritas Wunschlisten schicken – und die Malteser versuchen, die Dinge zu besorgen. In letzter Zeit verstärkt fragen die Partner der Caritas nach Bekleidung. Michael Daemen wundert das nicht. „Wenn Menschen das Geld fehlt, müssen sie sich überlegen, ob sie davon Essen oder Kleidung kaufen. Da ist Brot wichtiger als eine Hose.“

Belarus-Hilfe von Maltesern und Caritas
Die Malteser in Deutschland unterstützen seit Jahren die Caritasverbände in den weißrussischen Diözesen Minsk, Grodno, Pinsk und Wizebsk. Da die Caritas in Belarus kein Geld einnimmt, ist sie auf Spenden angewiesen. In Deutschland kommt der Großteil der Hilfe für Belarus aus dem niedersächsischen Teil des Bistums Münster (Offizialatsbezirk Oldenburg), dem Erzbistum Paderborn und der Diözese Rottenburg Stuttgart.

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