Themenwoche 375 Jahre Westfälischer Frieden (3)

Warum Vechta erst 1654 über den Westfälischen Frieden jubelte

  • Jedes Jahr am Fest Christi Himmelfahrt ziehen in Vechta Hunderte Menschen in einer feierlichen Prozession durch die Stadt.
  • Alles, um das Ende des Dreißigjährigen Krieges zu begehen.
  • Der Hintergrund hat mit Schweden zu tun – und einem spendablen Fürstbischof.

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Endlich waren sie weg. Die Erleichterung war groß in Vechta, als am 13. Mai 1654 die schwedische Besatzung aus der Stadt abrückte. Soldaten, die sich noch sieben Jahre nach dem Westfälischen Frieden wie eine Kriegsplage in Vechta breit gemacht hatten. Unter ihnen hatte die Stadt schwer zu leiden. Von 250 Häusern in der Stadt sollen kurz nach dem Krieg nur noch 100 heruntergekommene Wohnungen geblieben sein, berichteten später Zeitzeugen.

Warum waren so lange noch Soldaten in Vechta? Im Dreißigjährigen Krieg führte man die Kämpfe mit Söldnern, die sich wegen des zunächst attraktiven Lohnes gerne anwerben ließen. Die standen am Ende des Krieges buchstäblich auf der Straße. Manche Kriegsparteien konnten ihre Söldner in anderen Kriegen weiterverwenden. Die Schweden aber hatten nun ein Problem: Sie konnten keinen Sold zahlen. Denn sie hatten ihr Heer über fremde Zahlungen oder einfach über die Ausplünderung besetzter Gebiete finanziert.

500 bis 1.000 Söldner lagerten in Vechta

Beim Westfälischen Frieden handelten sie deshalb eine Entschädigungssumme von fünf Millionen Talern aus, um ihre 60.000 Söldner auszahlen zu können. Damit eben das aufhörte: die Ausplünderung ganzer Landstriche. Als Pfand besetzten sie 80 feste Plätze im Reich – darunter Vechta.

Gerd Dethlefs vom Westfälischen Landesmuseum Münster hat dazu geforscht; er schätzt die Zahl der Soldaten in Vechta auf 500 bis 1.000 Mann, angesichts von vielleicht 2.500 Einwohnern eine hohe Zahl. Zumal Unterkunft und Verpflegung zu Lasten der Bürger ging.

Unhaltbare Zustände für Fürstbischof

Die Soldaten nahmen zudem die Pfarrkirche für ihre lutherischen Gottesdienste in Beschlag und machten aus der Sakristei ein Pulvermagazin. Das katholische Hochamt war nur in Kurzform um 7 Uhr morgens möglich, die Predigt folgte nachmittags. Der Hochaltar war entweiht, die Seiten­altäre unbrauchbar.

Für den Fürstbischof in Münster unhaltbare Zustände. Christoph Bernhard von Galen hatte sich dem Programm verschrieben, in seinem Fürs­tentum das katholische Bekenntnis zu stärken. Lutherische Soldaten in Vechta passten dazu nicht.

Tradition dank bischöflicher Verordnung

Der Fürstbischof bezahlte deshalb ohne Zögern seinen Teil der Abstandssumme an die Schweden, die Besatzung zog ab. Christoph Bernhard war damals in der Stadt und ordnete für den Folgetag, das Himmelfahrtsfest, eine Dankprozession an.

Die Tradition begann also auf bischöfliche Verordnung, gibt Gerd Dethlefs zu. Aber sie sei den Bürgern doch aus der Seele gesprochen gewesen, nach dem Elend der Besatzung.

Was aus den Soldaten wurde? Von der Besatzung in Vechta ist das nicht bekannt. Aus einem schwedischen Dorf wird jedenfalls berichtet, dass 230 junge Männer in den Krieg gezogen waren. Am Ende kehrten fünf zurück – als Krüppel. Eine Prozession als Dank – die wird es in diesem Dorf sicher nicht gegeben haben.

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