Münsteraner Weihbischof erklärt die Zusammenhänge

Weihbischof Hegge: Wie die Digitalisierung die Firmkatechese bereichert

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Der Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge, Mitglied der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz, spricht im Interview darüber, wie die Firmkatechese bei der Entdeckung der eigenen Begabungen helfen kann, welchen Einfluss die fortschreitende Digitalisierung hat und welche Chancen die Firm-App des Bonifatiuswerks bietet.

Herr Weihbischof, woran erinnern Sie sich, wenn Sie an Ihre Firmung zurückdenken?

Ich kann mich noch gut an meine Firmung am 13. Oktober 1974 erinnern. Wir wurden mit circa 100 jungen Jugendlichen gefirmt. Damals war ich erst zwölf Jahre alt und ging gemeinsam mit meinem 13-jährigen Bruder zur Firmung. Die Firmung fand während einer Messfeier statt und wurde durch Alt-Abt Pius Buddenborg aus dem Kloster Gerleve gespendet. Wir mussten uns vor dem Firmspender hinknien, und der Akt der Firmung ging sehr schnell vorüber. Im Anschluss an die Firmung haben wir im Kreis der Familie ein schönes Abendessen gemeinsam mit dem Firm­paten erlebt.

Wie kann die Firmkatechese Jugendlichen helfen, ihre persönlichen Begabungen zu entdecken?

Durch die Firmkatechese können Jugendliche ihr eigenes Leben neu verstehen lernen, den besonderen Wert ihres Lebens, ihrer Begabungen und Fähigkeiten. Und wenn sie während der Katechese erleben können, dass Gottes Geist sie begleitet, dass Gott selbst durch seinen heiligen Geist das Beste in ihnen fördern und zur Entfaltung bringen möchte, dann werden sie innerlich erfassen, dass Jesus Christus ihnen ganz persönlich die Liebe Gottes entgegenbringt. Dazu braucht es lebendige Beziehungen zu Katechetinnen und Katecheten, die mit einem liebevollen und verständnisvollen Blick auf das Leben der Jugendlichen schauen. Denn der primäre Erfahrungsraum des Glaubens in der Familie ist heute vielfach abhandengekommen.

Außerdem sollten Jugendliche in der Firmkatechese entdecken, dass die Worte Jesu im Evangelium auch heute höchste Aktualität besitzen. Denn die Botschaft der Liebe Gottes in Jesus Christus ist für uns Christen unüberbietbar und alternativlos. Auf diesem Hintergrund lässt sich dann auch das Sakrament der Eucharistie, der Hingabe des Lebens Jesu für uns alle sowie das Sakrament der Vergebung als großes Geschenk der Befreiung und liebevollen Heilung verstehen.

Was ist das Wichtigste, was junge Menschen aus der Firmvorbereitung mitnehmen sollen?

Ich wünsche mir, dass Jugendliche in der Firmvorbereitung persönlich und auch in Gemeinschaft erleben und erkennen können, dass Gott ihnen wirklich nah ist, dass sie mit Gott sprechen, ihm alles anvertrauen können, mit allem, was sie bewegt. Es ist der Wunsch, dass der Heilige Geist, der Geist Jesu Chris­ti, die Herzen der Jugendlichen erfüllt, dass sie sich im Kontakt mit Christus angenommen und geborgen wissen und aus tiefem Herzen sagen und bezeugen können: Er ist bei mir alle Tage bis zum Ende der Welt! Und: Mit seiner Kraft kann ich meinen Alltag bewältigen, weil ich Jesus Chris­tus, seiner Kraft der Liebe und des Friedens ganz konkret mehr zutrauen kann als mir selbst. Um dieses Bewusstsein wach zu halten, braucht es das persönliche und gemeinschaftliche Gebet sowie die jugendgemäße, schlichte Feier der Eucharistie.

Wie gestalten die Gemeinden im Bistum Münster die Firmvorbereitung?

Weihbischof Christoph Hegge. | Foto: Marie-Theres Himstedt
Weihbischof Christoph Hegge. | Foto: Marie-Theres Himstedt

Im Bistum Münster begegne ich einer großen Vielfalt und Kreativität in der Firmvorbereitung: Dies reicht von eher klassischen, wöchentlich wiederkehrenden Gruppentreffen, von Fahrten zu besonderen kirchlichen Orten, begleitet durch ein katechetisch-geistliches Programm, von erlebnispädagogischen Angeboten, Pilgerwanderungen, bis hin zu mehreren Wochenenden in Jugendbildungshäusern. Katechetinnen und Katecheten schildern mir, dass sie die verschiedenen Vorbereitungswege als große Chance erleben, die den Jugendlichen eine bewusste Entscheidung für den Empfang des Sakraments der Firmung ermöglichen. Denn der Firmunterricht wird nicht mehr einseitig kognitiv und verschult erlebt, sondern als dialogischer und erlebnispädagogischer Prozess. Unter dem Titel: „Gestärkt. Leben“ bieten wir außerdem für junge Erwachsene im Alter von 18 bis 35 Jahren im Bistum Münster die Möglichkeit an, sich gemeinschaftlich auf das Sakrament der Firmung vorzubereiten und es in einer anschließenden Feier zu empfangen. Dabei lernen sie, ihr Leben und ihre Lebenserfahrung im Licht des Glaubens und der Gegenwart Jesu Christi zu reflektieren und zu gestalten.

Die Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche. Wie wirkt sich das auf die Jugendlichen und die Firmvorbereitung aus?

Bereits heute gibt es viele digitale Ansätze in der Firmvorbereitung. Botschaften, Podcasts, Kurzfilme und anderes können hilfreich in der Firmvorbereitung eingesetzt werden, weil sie die Jugendlichen animieren können, in die persönliche Reflexion und miteinander ins Gespräch zu kommen. Außerdem erleichtert die Digitalisierung die Kommunikation und die Gruppenbildung. Kurze Mitteilungen, Gebete oder Tagesimpulse können über Messenger-Dienste weitergegeben werden. So kann es immer wieder zu kurzen „Weckrufen“ im Alltag kommen, sodass die Jugendlichen am Thema dranbleiben und sich nicht in ihrem Alltagsgeschäft verlieren. Außerdem können sie selbst herausgefordert werden, kurze schriftliche Botschaften in die Gruppe einzustellen, was ihnen aufgrund der größeren Distanz des digitalen Mediums oft entgegenkommt und leichter fällt. Wichtig scheint mir auch zu sein, dass die Jugendlichen reflektieren, wie sie selbst mit den digitalen Medien umgehen, was ihnen guttut und was nicht, was ihnen hilft, zu leben, und was sie eher behindert oder herunterzieht. Auch hier spielt die Erkenntnis, wie ich mein Leben an der Botschaft Jesu Christi, an seiner Liebe und seinem Frieden ausrichten kann, eine große Rolle.

Das Leitwort der Firmaktion 2023 heißt „Connected.“ und greift die fortschreitende Digitalisierung auf. Wie können religiöse Podcasts und Kurzandachten im Internet helfen, die Verbindung zu Gott und untereinander zu stärken?

Firmkatechese kennt viele Wege | Foto: Michael Bönte
Firmkatechese kennt viele Wege | Foto: Michael Bönte

Religiöse Podcasts, Kurzandachten, Glaubens-Influencer im Internet gewinnen auch in der kirchlichen pastoralen Praxis immer mehr an Bedeutung. Dies gilt insbesondere für den Kontakt mit Jugendlichen, für die die digitale Lebenswelt zum Alltag gehört, unabhängig von Zeit und Ort. Das Motto „Connected.“ eröffnet einen weiten Raum, auch für Jugendliche, die bisher nicht viel mit dem christlichen Glauben zu tun hatten. Gerade darum sind digitale Impulse für solche Jugendlichen wichtig, um sie näher an einen christlichen Lebensstil und an eine Glaubenspraxis heranzuführen.

Außerdem verbirgt sich hinter dem Motto eine Angebotspastoral, die Jugendliche anziehen und für den Glauben faszinieren möchte. Es geht darum, durch konkrete Ansprache, im Glauben auch digital die Jugendlichen neugierig zu machen auf den Mehrwert der Glaubensbotschaft für ihr eigenes Leben. Vergessen wir nicht, dass die fortschreitende Digitalisierung auch weltweite Kontakte ermöglicht, zum Beispiel, um mit Christinnen und Christen in anderen Ländern, anderen Kulturen und Lebenssituationen in Kontakt zu treten. Auch hier sehe ich ein großes Potenzial der gegenseitigen Bereicherung im Glauben, wenn Jugendliche Gleichaltrige entdecken, die in anderen Erdteilen die Botschaft Jesu Christi unter problematischen Lebensbedingungen glaubwürdig, froh und überzeugend leben.

Firmung – und dann?

„Connected.“ bedeutet für mich wesentlich auch, dass Jugendliche neue Räume entwickeln und entfalten, in denen sie auch über die Firmung hinaus miteinander in Verbindung bleiben können. Das wird sicherlich häufig über die traditionellen Angebote in den Pfarreien hinausgehen müssen und kann auch zu Netzwerken in größeren pastoralen Räumen führen. Solche neuen Formen des gemeinsamen Lebens brauchen jedoch eine gute, geistliche und menschliche Begleitung durch Seelsorger, Seelsorgerinnen und Laien, die einen offenen und liebenswürdigen Blick für die aktuellen Fragen und Lebenssituationen der Jugendlichen haben. Sie sollten Antworten aus dem Glauben geben können, die lebensrelevant sind und das Bekenntnis zu Jesus Christus und seiner Kirche fördern. Im Evangelium fragt Jesus den blinden Bartimäus: „Was willst du, dass ich dir tue?“ (Lk 18, 41). Diese absichtslose Haltung der Wertschätzung und Annahme, wie Jesus sie zeigt, kann Türen öffnen und echtes Interesse wecken. Wir müssen diese Frage für die Jugendlichen offenhalten: Was erwartest Du von Christus? Was soll er für Dich tun? – Wir sollten gerade in dieser Haltung auf junge Menschen zugehen und nicht schon vorfabrizierte pastorale Antworten und Konzepte bereithalten. Alles Weitere wird der Heilige Geist uns und die Jugendlichen lehren.

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