Interview mit dem Weihbischof aus dem Bistum Münster zum Weltjugendtag in Lissabon

So erklärt Weihbischof Hegge die gesunkenen WJT-Teilnehmerzahlen

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Der Weltjugendtag in Lissabon bringt junge Menschen aus aller Welt zusammen. Neben den Begegnungen steht der Glaube im Mittelpunkt. Der Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge begleitet die Jugendlichen aus dem Bistum Münster und schildert im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“ seine Eindrücke und seine Hoffnungen für die Zeit nach dem Weltjugendtag.

Herr Weihbischof, die ersten Tage in Lissabon sind vorbei. Welchen Eindruck haben Sie vom Weltjugendtag?

Ja, ich habe erstmal einen ganz grandiosen Eindruck. Ich war ganz platt, als ich am Flughafen ankam, da war gleich eine Truppe von Helfern, die einen in Empfang nehmen, obwohl die einen gar nicht kennen. ‚Ach, sind Sie Bischof? Wir begleiten Sie, wir holen die Koffer ab, wir fahren Sie zur Unterkunft, zur Registrierung.‘ Aber nicht nur das, sondern diese ganze Herzlichkeit, die man in der Stadt wahrnimmt. Viele Straßen gesperrt, Mengen, hunderte von Jugendlichen, sofort am Singen, sofort mit einem Lächeln im Gesicht, und das fällt einem ja sofort auf.

Welche Unterschiede haben sie zwischen der katholischen Kirche in Portugal und in Deutschland wahrgenommen?

Die portugiesische Kirche ist wesentlich südländischer geprägt. Wir konnten das bei dem Eröffnungsgottesdienst feststellen. Sehr traditioneller Gottesdienst, super durchgestylt, mit einem tollen Orchester, wunderbarer Musik, aber auch sehr konzentriert auf die heilige Handlung. Und man hatte den Eindruck, die Jugendlichen stehen etwas zu weit weg. Die standen sicher 150 Meter vom Altar entfernt, dann kamen die ersten Jugendlichen, davor eine riesige Gruppe von Priestern in Weiß. Und da habe ich so gedacht: Schade, eigentlich hätten die Jugendliche ganz nah dran gehört. Das spricht auch für diese Art von Kirche. Aber auf der anderen Seite muss ich sagen, es war sehr herzlich, es war eine wunderschöne Liturgie, und der Erzbischof und Kardinal hat das großartig gemacht, mit der Predigt und der Begrüßung. Sehr herzlich und warmherzig, das merkt man auch bei der Bevölkerung, die sehr offen ist. Man hört das von den Jugendlichen bei den Familien, die werden in einer großen Herzlichkeit aufgenommen. Und, sie sagen uns alle: Die Familien sind ärmer als bei uns. Und sie geben alles, was sie haben.

Kommen wir zu den Pilgernden im Bistum Münster, mit denen Sie Gottesdienst gefeiert haben. Wie erleben Sie die Stimmung in der Gruppe?

Weihbischof Christoph Hegge
Weihbischof Christoph Hegge. | Foto: Jan Dirk Wiewelhove

In der Gruppe hatte ich den Eindruck, dass sie vollkommen locker drauf ist. Sie sind froh und spüren auch in den Tagen der Begegnung vorher, wie herzlich sie durch die Portugiesen aufgenommen worden sind. Hier in Lissabon beginnt jetzt noch eine andere Art des Treffens, weil natürlich die ganzen Nationen aus aller Welt kommen. Sie spüren, dass sie ein Teil dieser großen Weltkirche sind und das macht ihnen natürlich Freude, sie tauschen ihre Bänder. Jetzt kommt die Müdigkeit hinzu, aber man möchte jetzt das ganze Programm durchziehen, weil man die Sehnsucht hat, möglichst viel zu erleben. Es waren ja einige dabei, die im Gottesdienst Zeugnis gegeben haben. Es wird gut aufgenommen, spontaner Applaus kam auf. Man spürt: Die Botschaft, die vom Weltjugendtag ausgeht, geht sofort zu Herzen und die Jugendlichen nehmen sie auf.

Aus dem Bistum Münster und Deutschland waren die Teilnehmendenzahlen in der Vergangenheit deutlich höher. Haben Sie eine Idee, woran das liegt?

Es gibt verschiedene Gründe dafür, ich würde mal drei nennen. Einmal sind es zum Teil immer noch Spätfolgen von Corona. Wir wissen, dass nach Corona wesentlich weniger Jugendliche nicht nur in kirchliche, sondern auch in weltliche Vereine gekommen sind. Sie tun sich schwer, wieder zusammenzufinden, um in Gruppen etwas zu unternehmen. Eine gewisse Scheu ist vielleicht dabei. Das andere ist aber auch, dass in dieser Zeit ganz viele Sommerlager stattfinden. Die sind lange vorher geplant und viele Gemeinden wollen diese Sommerlager nicht aufgeben, auch wenn Weltjugendtag ist. Beim Weltjugendtag wissen sie nicht genau, was das ist, und beim Sommerlager wissen sie genau, was sie erwartet. Der dritte Punkte ist aber genauso wichtig. Ich glaube, dass Jugendliche zum Weltjugendtag, überhaupt auf eine Wallfahrt mitkommen, wenn in der Gemeinde jemand steht, ein Priester, eine Pastoralreferentin, ein Pastoralreferent, ein Ehrenamtlicher und sagt: ‚Ich fahr zum Weltjugendtag. Zum Papst, mit der Weltkirche, wer kommt mit?‘ Auch da müssen wir leider sagen, sind nicht in allen Pfarreien Personen bereit, auch Hauptamtliche, nicht bereit zu sagen: ‚Ich nehme das auf mich, ich animiere Jugendliche, zum Weltjugendtag zu fahren.‘

Was hoffen Sie, nehmen die Jugendlichen vom Weltjugendtag mit nach Deutschland?

Die Jugendlichen nehmen wahrscheinlich nach Deutschland mit, dass die Botschaft Jesu Christi etwas für den Alltag ist. Sie wird da erfahrbar, wo mehrere zusammenkommen und den Glauben miteinander teilen und feiern. Und den Glauben kann man auf vielfältige Weise feiern, um das Wort Gottes, sich für das Leben des Anderen zu interessieren. Zu lernen, frei zu beten, zu lernen miteinander im Austausch über den Sinn des Lebens zu sein. Und das erleben wir hier und vielleicht erleben sie auch, dass sie von Christus selber angerührt sind. Wenn das so ist, dann sagt ihnen auch die Eucharistiefeier oder das Gebet etwas. Vielleicht finden sie dann in der Gemeinde oder zuhause oder im Studium andere Jugendliche und junge Erwachsene, um sich zusammenzufinden und den Glauben gemeinsam leben, denn Glaube braucht Gemeinschaft.

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