Rainer Schönborn: Für die Familie bleibt nur WhatsApp

Weihnachten mit der Marine: Diakon berichtet von Heiligabend auf Zypern

  • Diakon Rainer Schönborn ist Militärseelsorger in Wilhelmshaven und Schortens.
  • Auslandseinsätze gehören fest zum Einsatzprogramm, auch an Weihnachten.
  • Vor drei Jahren feierte Schönborn das Fest mit einer Marineeinheit auf Zypern.

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Gänsebraten, Rotkohl, Klöße gibt es dann. „Sonst wäre es kein Weihnachten“, sagt Rainer Schönborn. Der Diakon aus Wilhelmshaven sitzt Weihnachten mit seiner Frau Annegret und den vier Kindern am Tisch und freut sich über die Entspannung. Denn Heiligabend bedeutet für den Seelsorger auch Arbeit: nicht nur das Krippenspiel um drei und die Christmette um zehn wollen vorbereitet und gestaltet sein. Alltag für den Pastoralreferenten, der 2009 aus Brandenburg an die Küste kam und sich vier Jahre später zum Diakon weihen ließ.

2018 sah die Feier anders aus: Da begleitete Schönborn deutsche Marinesoldaten auf der Korvette „Oldenburg“ bei einem UN-Einsatz im östlichen Mittelmeer. Die Christmette feierte Schönborn im Stützpunkt Limassol auf Zypern, in einem Gottesdienstzelt unter Tarnnetzen. Gänsebraten und Rotkohl mit der Familie fielen aus, seine Frau Annegret war mit den vier Kindern zwischen 12 und 26 Jahren allein.

25 Grad an Heiligabend vor der Küste des Libanon

Stichwort UNIFIL: United Nations Interim Force in Lebanon ist eine Beobachtermission der Vereinten Nationen im Libanon. Quelle: bundeswehr.de

Der Diakon hatte seine Aufgabe gewechselt. Seit 2017 arbeitet Schönborn als Militärseelsorger in Wilhelmshaven und Schortens. Die neue Aufgabe bringt automatisch besondere Pflichten: Soldaten im Einsatz begleiten, weltweit. Das hieß für den Diakon: von November 2018 bis März 2019 Einsatz beim Bundeswehrkontingent bei UNIFIL. Dort überwachen internationale Marineeinheiten im Auftrag der Vereinten Nationen den Seeraum vor dem Libanon und verhindern Waffenschmuggel. Sie bilden auch die libanesische Marine für diese Aufgabe aus.

Weihnachten feiern ging da völlig anders. 25 Grad an Heiligabend, strahlender Sonnenschein in Limassol – das weiß Schönborn noch genau. Eine Christmette wie in Wilhelmshaven in einer dunklen Kirche, mit Kerzen erhellt  unmöglich. „Aber wir haben unser Gottesdienstzelt aber sehr gut verdunkelt. Damit die Dekoration auch wirkt.“ Denn einen Weihnachtsbaum mit Lichterketten habe es im Gottesdienstzelt natürlich gegeben.

Viele Gespräche beim Festessen

Schönborn hielt an einem schlichten Holzaltar nachmittags um fünf den Weihnachtsgottesdienst. Vor allem die gut 130 Soldatinnen und Soldaten von der Besatzung der „Oldenburg“ feierten den mit, bei Musik von Keyboard und Gitarre. Begeistert spricht Schönborn von der feierlichen Stimmung und der Freude bei allen, „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu singen.

Beim anschließenden Festessen war vor allem eines wichtig: die Gespräche. Bei einem Auslandseinsatz gebe es immer „eine hohe Gesprächsbereitschaft“ unter den Soldaten, berichtet Schönborn. „Man lebt sehr eng zusammen, man kann ja nicht einfach weg.“

Bescherung per Video und Feldpost

Für Weihnachtsgespräche mit der Familie bleibt später dann nur noch das Handy, das Gespräch über WhatsApp-Video oder Skype. Für Schönborn damals das erste Mal. Er merkte, wie schwierig das sein kann: das Bemühen, die richtigen Worte zu finden über 4.000 Kilometer hinweg an die friesische Küste. Und eine Bescherung über Video. Ein „schöner blauer Pullover“ und ein Buch mit modernen Märchen lagen diesmal für Schönborn auf dem Gabentisch, über Feldpost geschickt nach Zypern.

Die große Entfernung über Monate, Kontakte zur Familie nur über Telefon und Video – die machen den Auslandseinsatz für Soldaten oft schwer. Während der Vater auf einer Korvette im Mittelmeer oder in einem Spähwagen in Mali fährt, „lebt die Familie zu Hause lebt ja weiter, sortiert sich ganz anders“. Am Telefon lasse sich diese Entwicklung für den Soldaten nur schwer verfolgen. Nach der Rückkehr müsse der sich daran gewöhnen, da gebe es dann Probleme.

Die Rückkehr schon auf See planen

Diese Probleme sind sehr oft auch Thema in Gesprächen mit dem Militärseelsorger, auf See wie in der Heimat. Da rät Diakon Schönborn seinen Soldaten: „Ihr müsst schon am Anfang des Einsatzes eines genau planen: Wie gestalte ich meine Rückkehr?“

Die Ratschläge hat sich Schönborn nicht aus einem Fachbuch geholt. Sie beruhen auch auf seiner eigenen Erfahrung. Als er im Frühjahr 2019 zurückkehrte, spürte er: „Meine Familie war völlig neu organisiert, sie musste sich auch neu organisieren.“ Verwundert habe er gemerkt: „Die funktionierte auch ganz ohne mich.“ Er lernte Schritt für Schritt, sich neu einzufügen. Und spendet seine Ratschläge an die Soldaten inzwischen ganz aus der eigenen Erfahrung: vom Weihnachtseinsatz mit der Marine auf Zypern.

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