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Sie stammt aus einer ökumenischen Winzer-Familie – der Vater evangelisch, die Mutter katholisch. Doch die Person, die ihren Glauben geprägt habe, sei die Urgroßmutter gewesen, erzählt Alina Koch (35). „Sie war für meinen Bruder und mich wie eine zweite Mutter“, sagt Alina Koch. Früh kam sie mit biblischen Geschichten in Kontakt. Heute trägt sie in einem Weingut Mitverantwortung. Und legt Wert darauf, dass es nach christlichen Kriterien geführt wird.
Alina Koch (35) ist evangelische Christin, tief verwurzelt in ihrem Glauben. Aus einer Winzer-Familie stammend, orientierte sie sich nach dem Abitur erst einmal weg von diesem Beruf, wurde nach einem Work-and-Travel-Aufenthalt in Neuseeland Kinderkrankenschwester. Anschließend begann sie ein Studium in (evangelischer) Theologie, Sozialer Arbeit und interkulturellen Studien in Bad Liebenzell (Baden-Württemberg). Am Ende führte sie ihr Weg doch wieder zum Wein: Sie heiratete Martin Koch, den (katholischen) Sohn einer Winzerfamilie, die den „Abthof“ im rheinhessischen Hahnheim führt.
Alina Koch ist keine Winzerin wie andere, das Familienunternehmen, dessen Teil sie nun ist, kein gewöhnliches. Denn der christliche Glaube spielt hier in allen Belangen eine große Rolle: beim Arbeitsethos im Betrieb selbst, beim Umgang mit Lieferanten und Kunden – und mit der Schöpfung.
Der Führende und der Dienst am Geführten
Und dies ist wissenschaftlich fundiert: Denn Alina Koch hat im Studium eine Bachelorarbeit über Aspekte des Christseins in Familienunternehmen geschrieben, deren Erkenntnisse sie sich jetzt in die Praxis umzusetzen bemüht. Besonders berücksichtigt hat sie dabei das Konzept der „Servant Leadership“ von Robert Greenleaf. Dieser Ansatz der Führungsforschung beschreibt das Wirken von Führenden als Dienst am Geführten, also als „dienendes“ (engl. „servant“) im Gegensatz zum „beherrschenden“ Führen.
„Im anderen den Menschen sehen“ ist einer der Grundsätze. Das heißt in der Praxis zum Beispiel: einen Waren-Lieferanten nicht einfach schnell abfertigen, sondern Zeit mitbringen für ein Gespräch, auch jenseits von Oberflächlichkeiten, wenn gewünscht. Und auch ansprechbar sein für persönliche Belange der Mitarbeiter. Ein anderer Wert: Treue. Treue zu Geschäftspartnern über Generationen hinweg. Natürlich geht das auch beim Weingut Koch nicht um jeden Preis, aber man bemüht sich und ordnet andere Ziele dem unter.
Sonntags wird möglichst nicht gearbeitet
Auch die Sonntagsruhe ist den Kochs ein Anliegen, auch wenn es Vorteile hätte, auch sonntags zu arbeiten. Auch hier gibt es Grenzen, wie Alina Koch einräumt: „In der Hauptlesezeit im Herbst muss man auch sonntags mal einen kurzen Rundgang durch den Keller machen.“ Insgesamt aber soll der Sonntag frei bleiben, und damit auch der Samstag, denn wenn samstags gelesen würde, hätte man am folgenden Sonntag automatisch eine Menge Arbeit.
Ganz zentral ist im christlichen Ansatz der Kochs die Bewahrung der Schöpfung. „Wir haben schon vor 15 Jahren klimafreundlich Wein produziert, als das Thema Klimawandel und Klimaschutz noch längst nicht so auf der Agenda waren wie heute“, sagt Alina Koch. Da geht es also keineswegs nur darum, sich ein gutes Image zuzulegen. Der Gedanke entsprang einem klaren christlichen Motiv.
Weine wachsen lassen, Natur schonen
Die vermeintlich einfache, in der Praxis aber komplexe Frage lautete: Was können wir tun, um einerseits qualitativ anspruchsvolle Weine wachsen zu lassen und andererseits die Natur, das Klima und den Menschen noch deutlich mehr zu schonen und zu schützen?
Die Antworten heißen Souvinier Gris, Solaris, Muscaris und Monarch. Das sind Rebsorten mit natürlicher Widerstandskraft, die „Reben der Zukunft“, wie Kochs überzeugt sind. Fast 30 Prozent ihrer Weinberge sind inzwischen damit bepflanzt. Dass die „Auftakt“-Reihe, 2016 eingeführt, auch ein wirtschaftlicher Erfolg wurde und viele Preise einheimste, freut Alina Koch natürlich. Man hätte es aber auch sonst durchgezogen.
Bessere Widerstandskraft der Reben nutzt dem Klima
Inwiefern nun sind diese Reben klimafreundlich? „Sie haben besagte natürliche Widerstandskraft, das macht weniger Pflanzenschutz notwendig. Durch weniger Verdichtung des Bodens werden die Bodenlebewesen besser geschützt. Wir kommen mit weniger Traktorfahrten im Weinberg aus“, berichtet Alina Koch. Weniger CO₂ – ein Gewinn fürs Klima, letztlich, mit christlichen Worten gesprochen, für den Erhalt der Schöpfung.
Dass man es mit einem christlich geprägten Weingut zu tun hat, nimmt man überall im Unternehmen wahr, etwa wenn Mitarbeiter-Rundschreiben mit einem christlichen Impulstext versehen werden. Und auch bei Einstellungsgesprächen. „Wir fragen natürlich nicht ab, ob jemand in die Kirche geht. Darum geht es nicht.“ Wohl aber gehe es darum, ob man die Werte teilen kann, die hier gelebt werden. Und ja, viele hätten sich schon vorher über die Werte der Kochs informiert und sähen darin ein Grund, genau bei ihnen zu arbeiten.
Apropos Mitarbeiter: Das Zutrauen in ihre Fähigkeiten, das Einbeziehen ins große Ganze – das gehört für die Kochs auch zur Führungskultur. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese Menschen selbst einmal ebenso führten, wenn sie mal in Verantwortung kämen. „Das ist ein Schneeballprinzip.“
Buch-Empfehlung: „Der Auftrag der 97 Prozent“
Und das ist letztlich auch genau der Ansatz, den Alina Koch verfolgt. Nicht zufällig empfiehlt sie das Buch „Der Auftrag der 97 Prozent – das Reich Gottes außerhalb der Gemeinde bauen“ von Robert Fraser. „Nur 3 Prozent der Christen sind in den vollzeitlichen Dienst innerhalb der Gemeinde berufen. Allen anderen hat Gott den Auftrag gegeben, durch ihre Ideen und Fähigkeiten Einfluss auf die Arbeitswelt zu nehmen und so sein Reich zu bauen. Arbeitnehmer, Manager, Firmengründer, Erfinder, Künstler, Mütter und Väter usw. werden ermutigt, ihr Land einzunehmen und ihr Talent treu zu verwalten – um so die Welt auf den Kopf zu stellen“, heißt es in dem Klappentext.
Eine weitere Empfehlung: der Kongress Christlicher Führungskräfte (KCF). Der will nach eigener Darstellung „der bedeutendste Wertekongress sein, der Führungskräfte inspiriert und befähigt, christliche Werte in ihrem Berufsalltag zu leben und dadurch die Gesellschaft zu verändern“. Er wird von der evangelikalen Nachrichtenagentur idea veranstaltet und ist nicht ganz unumstritten. Der NDR hatte 2015 von einer Versammlung „radikaler Christen“ gesprochen, der Veranstalter die Vorwürfe in dem Beitrag zurückgewiesen. Unter anderem ging es darum, die Veranstaltung trage homo- und islamophobe Züge.