Gast-Kommentar von Thomas Söding zur Botschaft der zwei Apostel für die Kirche heute

Wir brauchen Peter! Und Paul!

Anzeige

Die beiden Apostel Petrus und Paulus stehen für die Chance auf Vergebung und der Menschenfreundlichkeit Gottes. Es sei geradezu eine geniale Idee der Kirche, Peter und Paul an einem Tag zu feiern, meint Thomas Söding in seinem Gast-Kommentar. Die katholische Kirche könne von ihnen auf dem Synodalen Weg viel lernen.

Es ist eine geniale Idee der katholischen Kirche, Peter und Paul an einem Tag zu feiern. Unterschiedlicher könnten die beiden kaum sein – wichtiger auch nicht.

Der eine, der Fischer vom See Genezareth, wird zum Menschenfischer auf dem Weltmeer. Der andere, der Schriftgelehrte aus Tarsus, einer der führenden Intellektuellen seiner Zeit, wird zum Strategen der jungen Kirche, zum Mystiker des Evangeliums, zum Entdecker neuer Glaubensräume. Beide, Petrus und Paulus, sind erfüllt von der Liebe zu Jesus Christus. Beide haben ihre dunkle Seite: Verleugner der eine, Verfolger der andere.

 

Chance der Vergebung, der echten Reue

 

Der Autor
Thomas Söding lebt mit seiner Frau in Münster. Er ist Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum. Als Berater der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz und gewähltes Mitglied der Synodalversammlung engagiert er sich für die Reform der katholischen Kirche.

Beide stehen dafür, dass es die Chance der Vergebung gibt: der echten Reue, der guten Vorsätze, der klaren Konsequenzen. Zwischen beiden hat es durchaus gekracht. Aber sie haben sich auch wieder zusammengerauft – offenbar konnten sie miteinander: weil sie beide wussten, nicht die Nummer eins zu sein, sondern Gott den Weg bereiten zu sollen.

In Rom sind beide als Märtyrer gestorben. Das Fest „Peter und Paul“ ist auch eine Erinnerung daran, dass es die Weltkirche nicht ohne Rom gäbe – und Rom nicht ohne die katholische Kirche, die auf der ganzen Erde verbreitet ist.

Im 19. Jahrhundert hat sich der Blick des Vatikans allerdings verengt: Petrus wurde auf den Papstthron gehoben. Lehrer, Gesetzgeber, Richter, Leiter – die letzte Instanz sollte nur der Nachfolger Petri sein, der Stellvertreter Christi.

 

Ein neuer Petrus ist notwendig

 

Aber wo bleibt Paulus? Wo bleibt die prophetische Kritik? Wo die Weisheit des Kreuzes? Wo die Entschlossenheit, sich auf dem Markt der Möglichkeiten der Kritik zu stellen und öffentlich für den Glauben zu streiten?

Gegenwärtig ist „Peter und Paul“ wichtiger denn je, nicht nur am Festtag.

Auf dem Synodalen Weg, den die katholische Kirche jetzt in der ganzen Welt gehen will, ist ein neuer Petrus notwendig: einer, der nicht spaltet, sondern eint und nicht stur auf seinem Standpunkt beharrt, sondern sich selbst auf den Weg macht.

Und es braucht sehr viel Paulus mit seinem Charisma der Reform: bei Männern und Frauen, bei Jung und Alt. Die katholische Kirche muss neu entdecken, wie viele Gaben des Geistes sie hat und wie viele Möglichkeiten, heute dem Glauben ein Gesicht zu geben: ein menschliches Gesicht. Peter und Paul – eine doppelte Ikone der Menschenfreundlichkeit Gottes.

Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von "Kirche-und-Leben.de" wider.

Anzeige