Themenwoche Ehrenamt im Krankenhaus (1) - aus Ahlen

Zuhören, begleiten, aushalten - was die Grünen Damen leisten

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Die Grünen Damen sind eine Institution in vielen Krankenhäusern, und meist sind es tatsächlich nur Frauen: Sie besuchen kranke Menschen – und haben Zeit. Doch eine Sorge plagt sie auch selber.

Ihr Erkennungszeichen ist der hellgrüne Kittel. So unterscheiden sie sich von den hauptamtlichen Mitarbeitern in Krankenhäusern: die Grünen Damen beziehungsweise die „Christliche Krankenhaushilfe“, wie sie im Ahlener St.-Franziskus-Hospital seit 1982 besteht. Was sie vor allem auszeichnet? Sie schenken kranken Menschen Zeit und Gehör.

Initiator für die Gründung dieser ehrenamtlichen Einrichtung waren seinerzeit Verwaltungschef Dr. Hermann Senghaas und Dr. Theo Schöllhorn, Chef der Gynäkologie am Ahlener Krankenhaus. 20 bis 30 Frauen engagierten sich bis zur Corona-Krise bei der Krankenhaushilfe.

Leider sei ihre Zahl auf zurzeit zwölf Grüne Damen geschrumpft, berichtet Teamsprecherin Helena Overhage, die mit Angelika Lohmann den Einsatz auf den Stationen und in der Kinderklinik koordiniert und organisiert. Aus Alters- oder anderen persönlichen Gründen hätten etliche Frauen ihre Mitarbeit eingestellt. Das 40-jährige Bestehen 2022 musste wegen der Pandemie ausfallen, erst seit März 2023 können die Frauen wieder ihren Dienst ausüben.

Große Nachwuchssorgen in Ahlen

Vor allem haben sie Zeit. Ein kostbares, weil rares Gut im Krankenhausgetriebe: Menschen – meist Frauen –, die ohne Bezahlung für kranke Menschen da sind. Kirche+Leben hat einige von ihnen begleitet und einen Chefarzt gefragt, was er über diese Ehrenamtlichen in einem hochprofessionalisierten Umfeld denkt.

Die Nachwuchssorgen bei der Krankenhaushilfe sind deshalb groß, zumal die meisten Frauen – bis auf zwei Ausnahmen – im Alter zwischen 70 und 80 Jahren sind. Eine 78-Jährige sei jetzt neu zum Team dazugestoßen, berichtet Helena Overhage, die neuerdings auch bei der Ehrenamtsbörse der Stadt Ahlen für neue Kolleginnen wirbt. 

„Am besten funktioniert die Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagt Overhage. So ist sie 2018 selbst zur Krankenhaushilfe gekommen. Das gilt auch für Angelika Lohmann. Als ihr dementer Vater im Krankenhaus als Patient war, machte sie zudem die Erfahrung, dass die Fürsorge verbessert werden könnte. Inzwischen ist sie zehn Jahre bei den Grünen Damen aktiv. „Man wächst da rein“, sagt sie.

Kleiderkammer stark nachgefragt

Von montags bis donnerstags teilt Helena Overhage ihr Team für den Dienst von 8 bis 12.30 Uhr auf den Stationen ein. Sie würde auch gerne den Freitag einbeziehen, aber dafür reiche ihr Personal nicht, so die Sprecherin. Während in anderen Kliniken die Grünen Damen vor allem am Empfang arbeiten, gibt es im Ahlener Krankenhaus dafür keinen großen Bedarf mehr. „Es gibt kaum jemanden, der bei der Aufnahme um Hilfe bittet“, sagt Overhage.

Das sieht bei der von Else Schmies betreuten Kleiderkammer ganz anders aus: Vom Schlafanzug bis zur Jogginghose können Patientinnen und Patienten mit Kleidung während ihres stationären Aufenthaltes versorgt werden. „Manche Menschen haben selbst bei der Entlassung so gut wie keine Anziehsachen“, berichtet Overhage über die Nachfrage.

Hilfe über die Pflege hinaus

Patient im Krankenhaus zu sein bedeutet für Menschen, eine Ausnahme- oder Krisensituation durchleben zu müssen. „Wo es gewünscht ist, bieten wir Patienten, Angehörigen und Besuchern Hilfe an, die nicht vom Pflegepersonal geleistet werden muss. Wir sind kein Ersatz für Krankenschwestern und -pfleger“, betont Angelika Lohmann.

Die Grünen Damen sehen ihren Platz dort, wo dem Fachpersonal die Zeit fehlt. Sie nehmen sich Zeit zuzuhören, zu begleiten, auszuhalten, Besorgungen zu machen, vorzulesen, Briefe zu schreiben, Telefonate zu erledigen und für Vieles mehr. Es kommt auch vor, dass Besuche des katholischen Krankenhausseelsorgers Pater Hermann Joseph Schwerbrock vermittelt werden.

Grüne Damen kümmern sich um sechsjährigen Nasibullah

„Manchmal reicht es einfach, eine Hand zu halten“, so Helena Overhage, vor allem bei Schwerstkranken und Menschen ohne Angehörige. „Manche Kranke sind oft sehr einsam und bekommen keinen Besuch. Wir nehmen uns Zeit.“ Die Teamsprecherin ist auch schon zu Sterbenden gerufen worden, an deren Bett niemand saß. „Das ist aber nicht jedermanns Sache.“

In der Kinderklinik sei der Einsatz der Grünen Damen weniger gefragt, weil sich die Eltern viel um ihre kranken Jungen und Mädchen kümmern. Eine Ausnahme bildet derzeit der sechsjährige Nasibullah aus Afghanistan, der dank der finanziellen Unterstützung der „Aktion Benjamin“ im Ahlener Krankenhaus behandelt wird. Die Grünen Damen kümmern sich um den „pfiffigen kleinen Jungen“.

Viel Wertschätzung in Ahlen

Aufgeschlossenheit, Kontaktfreudigkeit, Empathie, zuhören können und ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte anderer Menschen zu haben, sei Voraussetzung für die Mitarbeit bei der Krankenhaushilfe. Einmal monatlich dienstags treffen sich die Frauen zum Austausch bei Kaffee und Kuchen, meistens laden sie einen Referenten ein, zum Beispiel aus der Ärzteschaft.

Der Jahresausflug und die gemeinsame Weihnachtsfeier sollen ebenfalls den Zusammenhalt fördern. „Von der Leitung des St.-Franziskus-Hospitals erfahren wir viel Wertschätzung und Unterstützung“, berichtet Angelika Lohmann. So wurden die Grünen Damen unlängst mit neuen Kitteln ausgestattet.

Trotz der manchmal auch belastenden Situationen stellt Helena Overhage fest: „Ich fahre zufrieden nach Hause, auch wenn ich nur einem einzigen helfen konnte.“ Wer Interesse an der Mitarbeit bei der Krankenhaushilfe in Ahlen hat, kann sich an sie wenden: 02382/84694.

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