Weniger Hauptamtliche: So unterschiedlich planen Bistümer Münster, Paderborn und Köln

Ehrenamtler im Krankenhaus: Ist das Seelsorge oder „nur“ Besuchsdienst?

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„Nur“ ein reiner Besuchsdienst oder „echte“ Seelsorge? Vor dem Hintergrund weniger werdender Hauptamtlicher wird diskutiert, welche Rolle Ehrenamtliche im Krankenhaus haben sollen – mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Manchmal in ein und demselben Bistum.

Eine schwere Operation, eine niederschmetternde Diagnose, große Schmerzen – wer unter solchen Umständen im Krankenhaus liegt, der wünscht sich mitunter sehnlich ein Gespräch mit einem Seelsorger, einer Seelsorgerin. Der Bedarf ist groß und wächst, doch wie kann die Kirche dem gerecht werden angesichts rapide schwindender Personal-Ressourcen? Wie können Ehrenamtliche eingebunden werden? Pfarrer Leo Wittenbecher, Referent für die Krankenhaus-Seelsorgenden im Bistum Münster, spricht von einem reinen „Besuchsdienst“, doch Verantwortliche von Kursen für Ehrenamtliche sagen: Es geht durchaus um Seelsorge.

Wittenbecher, zudem geschäftsführender Seelsorger an der Uniklinik Münster, betont die engen Grenzen des Einsatzes von Ehrenamtlichen im Krankenhaus: „Die Krankenhaus-Seelsorge besteht aus drei Säulen: der Seelsorge für Patienten und ihre Angehörigen, der Mitarbeiter-Seelsorge und der Mitarbeit im ,System Krankenhaus‘“, erklärt er im Gespräch mit Kirche+Leben. Ehrenamtliche unterstützten die hauptamtlichen Krankenhaus-Seelsorgenden bei einer der drei Säulen: „Sie übernehmen einen Besuchsdienst auf den Stationen. Dafür sind wir sehr dankbar.“

Wittenbecher weist auf lange Ausbildung hin

Klar sei aber: „Ehrenamtliche können Hauptamtliche keineswegs ersetzen“, so Wittenbecher. Krankenhaus-Seelsorge gehe weit über einen Besuchsdienst hinaus. „Nicht umsonst umfasst die professionelle Krankenhaus-Seelsorge eine achtjährige Ausbildung: ein Theologiestudium, einen pastoral-psychologischen Basiskurs und eine zweijährige berufsbegleitende Zusatzqualifikation. Krankenhaus-Seelsorger sind Teil des erweiterten Behandlungsteams einer Klink.“

Und doch wird die Zahl der Hauptamtlichen absehbar sinken: Das benachbarte Erzbistum Paderborn rechnet mit einer Reduzierung des hauptamtlichen Kirchen-Personals für die Krankenhäuser um die Hälfte bis 2030. Es will sich dann mit der Seelsorge auf die großen Klinikzentren mit den einschlägigen Stationen konzentrieren, wie Frank Wecker, Diözesanbeauftragter für die Klinikseelsorge, gegenüber Kirche+Leben erklärt. In welcher Weise dann die kleinen Standorte versorgt werden können, sei noch Gegenstand der Überlegungen. 

„Einzelne offene Stellen“ im Bistum Münster 

Leo Wittenbecher sagt zum Thema Personal, er sei „dem Bischof und dem Generalvikar sehr dankbar, dass die Krankenhaus-Seelsorge im Bistum Münster auch künftig professionell mit Hauptamtlichen besetzt sein wird, auch wenn die Zahl der Mitarbeitenden sicherlich - wie auch in der Gemeindeseelsorge - sinken wird. Denn das Krankenhaus ist ein idealer Ort, wo die Kirche ihre Sendung verwirklichen kann.“

Rund 100 Krankenhaus-Seelsorger gibt es im Bistum Münster, die große Mehrzahl (80 Prozent) Pastoralreferentinnen und -referenten, der Rest zu gleichen Teilen Priester und Diakone. Es gebe „einzelne offene Stellen“. Wittenbecher betont: „Insgesamt ist diese Tätigkeit aber durchaus gefragt, zeichnet sie sich doch durch ein hohes Maß an Selbstwirksamkeit aus –  das heißt, Krankenhausseelsorger können oftmals die Erfahrung machen, gerade auch in schwierigen Situationen wirklich hilfreich sein zu können.

Bistümer qualifizieren Ehrenamtliche für Klinikseelsorge

Doch während Wittenbecher die besondere Rolle der Hauptamtlichen hervorhebt, gehört es durchaus zur Strategie des Bistums Münster, Ehrenamtliche zu qualifizieren. Ehrenamtliche, die zu wesentlich mehr befähigt werden sollen, als den Kranken „nur“ einen Besuch abzustatten. Gleiches gilt für Paderborn. Gabriele Kniesburges widerspricht Leo Wittenbecher deutlich: In den Vorbereitungskursen in ihrem Bistum, für die sie verantwortlich zeichnet, „geht es nicht um einen Besuchsdienst“. Es gehe um echte Seelsorgegespräche, und so taucht auch der Begriff in Namen des Qualifizierungsprogramms gleich zweimal auf: „Seelsorgliche Patientenbegleitung – Ehrenamtliche in der Klinikseelsorge“. Ein ganz ähnliches Programm, seit September 2023 sogar in ökumenischer Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Kirchenkreis, gibt es auch im Bistum Münster.

„Es geht darum, Menschen im Krankenhaus in schwierigen Lebens- und Glaubenssituationen im Gespräch, im gemeinsamen Gebet oder seelsorglicher Zuwendung beizustehen. Dazu ist eine gute Vorbereitung, Begleitung und Zusammenarbeit mit den hauptamtlichen Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorgern notwendig“, heißt es in der Beschreibung des Kurses. Und weiter: „In insgesamt vier Kursblöcken werden Sie auf Ihre Aufgabe vorbereitet, setzen sich mit Ihrem eigenen Glauben und Ihren Fragen auseinander, üben seelsorgliche Gespräche, lernen Rituale kennen und beschäftigen sich mit der Rolle von seelsorglichen Begleitern im Krankenhaus.“ Den Kurs verantwortet Martin Merkens von der Hauptabteilung Seelsorge im Generalvikariat gemeinsam mit seiner evangelischen Kollegin Pfarrerin Kathrin Alshuth und Maximilian Hermes von der Katholischen Landvolkshochschule in Freckenhorst (Kreis Warendorf).

Es geht nicht um Mitarbeiter-Seelsorge

Richtig sei indes, sagt Gabriele Kniesburges fürs Erzbistum Paderborn: Die Aufgaben der Ehrenamtlichen beschränkten sich klar auf die Seelsorge am Patienten. Mit anderen Aufgaben, etwa der Mitarbeiter-Seelsorge, sollen sie bewusst nichts zu tun haben, so groß die Versuchung auch sein mag, sie auch dafür noch gewinnen zu wollen. Schon heute sei die Qualifizierungs-Hürde für das anspruchsvolle Ehrenamt hoch, die Zahl derer, die sich zurzeit in dem Bereich engagieren, mit 18 Personen überschaubar. Da wolle man die Menschen mit ihren Ressourcen keineswegs überbeanspruchen. 

Das Erzbistum Köln setzt derweil unter anderem auf die Mitarbeit von Angestellten der Krankenhäuser in der Seelsorge: „Auf den Rückgang pastoraler Dienste hat das Erzbistum Köln in diesem Zusammenhang mit dem Stellenprofil ,Begleitende in der Krankenhaus-Seelsorge' reagiert“, schreibt die Pressestelle des Erzbistums auf Kirche+Leben-Anfrage. Mit einer einjährigen Fortbildung würden Angestellte für eine Mitarbeit in der Krankenhaus-Seelsorge ihrer Einrichtung geschult, derzeit nehmen daran 24 Personen teil. In Altenheimen, Hospizen und Behinderteneinrichtungen seien so gut 125 „Begleitende seit zehn Jahren im Einsatz“.

UPDATE: Auf Bitte des Gesprächspartners Pfarrer Leo Wittenbecher haben wir seine Aussagen im sechsten Absatz konkretisiert. (02.02.2024)

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