Ein Jahr und neun Monate wegen Begünstigung

Zweiter Stiftskreuz-Prozess endet mit Bewährungsstrafe

Im zweiten Prozess um den Raub des Borghorster Stiftskreuzes hat das Landgericht Münster einen 42-jährigen Türken aus Bremen wegen Begünstigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

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Im zweiten Prozess um den Raub des Borghorster Stiftskreuzes hat das Landgericht Münster einen 42-jährigen Türken aus Bremen wegen Begünstigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Die 3. Große Strafkammer sieht es damit nicht als erwiesen an, dass der Mann den Raub in Auftrag gegeben hat. Eine Revision des Urteils ist möglich. Das Stiftskreuz war am 29. Oktober 2013 aus der St.-Nikomedes-Kirche in Steinfurt-Borghorst gestohlen worden. Mitte Februar 2017 konnte es wiederbeschafft werden.

Die Staatsanwaltschaft sah in dem 42-Jährigen den Auftraggeber der Tat. Sie hatte darauf plädiert, ihn wegen mittäterschaftlich begangenen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu drei Jahren Haft zu verurteilen. Die Verteidigung hatte Freispruch vom Vorwurf beantragt, der Mann sei der Auftraggeber. Das sah das Gericht im Urteil genauso.

 

Richter: Sachverhalt nur teilweise geklärt

 

Verurteilt wurde der Mann, weil er geholfen hat, das Kreuz für 150.000 Euro an einen Unbekannten zu verkaufen. Das Geld gab er an die Diebe als Begünstigte weiter. Die Verteidiger hatten wegen der Begünstigung eine Geldstrafe beantragt. Die Kammer entschied sich jedoch für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten Haft. Der Verurteilte darf sich nun in einer dreijährigen Bewährungszeit nichts zuschulden kommen lassen.

Der Vorsitzende Richter sagte, es sei nur teilweise gelungen, den Sachverhalt zu klären. Das liege daran, dass nicht jeder Prozessbeteiligte das Gericht „an seinem gesamten Wissen hat teilhaben lassen“. Der Richter nannte den Angeklagten, den Anwalt des Bistums Münster und der Versicherung, der als Zeuge auftrat, sowie die Belastungszeugen. Dies waren zwei der drei Männer, die im Oktober 2015 in einem ersten Stiftskreuz-Prozess wegen des eigentlichen Diebstahls verurteilt worden waren.

 

Was erwiesen ist – und was nicht

 

Als erwiesen sieht das Gericht an, dass der jetzt Verurteilte das Kreuz von den Dieben erhalten, es an einen Unbekannten verkauft und das Geld den Dieben gegeben hat. Eine Beteiligung am Diebstahl oder ein Auftrag konnte nicht bewiesen werden. Die Aussagen der Belastungszeugen seien nicht „nachvollziehbar entstanden“, sagte der Richter. Zudem würden sie Widersprüche aufweisen.

Zu einer Bewährungsstrafe statt einer Geldstrafe entschloss sich das Gericht wegen des „besonderen Wertes“ des gestohlenen Gegenstands, also des Stiftskreuzes: „Es ist schon etwas anderes, als wenn ich zum Beispiel einem Fahrraddieb helfe“, sagte der Richter. Zugunsten des Verurteilten wertete das Gericht, dass das Kreuz wieder aufgetaucht ist.

 

„Besonderer Wert“ des Stiftskreuzes

 

Das Stiftskreuz war unter anderem wegen einer Zahlung von 100.000 Euro Lösegeld wieder aufgetaucht. Diese hatte die Versicherung „Provinzial Rheinland“ geleistet. Das Kreuz befindet sich derzeit in einem Safe des Bistums. Es laufen Verhandlungen mit der Versicherung darüber, unter welchen Bedingungen das Kreuz nach Borghorst zurückkehren kann.

Pfarrer em. Heinrich Wernsmann aus Borghorst verfolgte die Urteilsverkündung. Im Gespräch mit „Kirche+Leben“ äußerte er sich erfreut darüber, dass der Richter „den besonderen religiösen Wert des Kreuzes hervorgehoben“ habe. Wernsmann zeigte sich überzeugt, das Kreuz werde wieder seinen Platz in Borghorst finden.

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