Seyd Mohamed Mosavi ist für Hilfe in Drensteinfurt dankbar

20-jähriger Afghane erhält Kirchenasyl, doch regiert weiter die Angst

  • Kirchenasyl ist für viele Menschen etwas Abstraktes, für den Afghanen Seyd Mohamed Mosavi ist diese Hilfe Realität geworden.
  • Ihm wurde durch die Katholische Kirchengemeinde St. Regina Drensteinfurt geholfen.
  • Zwar wurde der Asylantrag inzwischen abgelehnt, aber die Unterstützer wollen mit Mosavi den Klageweg einschlagen.

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Das Thema Kirchenasyl ist für viele Menschen etwas Abstraktes, das ganz weit weg ist. Für den 20-jährigen Afghanen Seyd Mohamed Mosavi war genau diese Hilfe, die er in der katholischen Kirchengemeinde St. Regina Drensteinfurt erfahren hat, der erste Halt in einem lange währenden Albtraum. Der zurückhaltende Mosavi wirkt jünger als er ist, doch wenn er berichtet, wird klar, dass er unglaublich viel Traumatisierendes erlebt hat und noch immer in Spannung lebt.

„Glauben Sie mir, niemand verlässt seine Heimat gerne“, ist der erste Satz Mosavis. Er lebte mit seiner Familie in der afghanischen Provinz Baghlan, sie gehörten zu den begüterten Bauernfamilien. Mosavi hat sogar zehn Jahre die Schule besucht und berichtet stolz, dass sie einen eigenen Traktor hatten.

Eltern flüchten vor den Taliban

Als dann die Taliban kamen, wählten die den Hof der Familie als Basis. „Als mein Vater sie anflehte, nicht vom Hof aus zu schießen, wurde er schwer verprügelt“, sagt Mosavi. So beschlossen sie, alles zu verkaufen und zu fliehen. Im Iran merkten seine Eltern aber, dass sie den Strapazen nicht gewachsen waren.

So sollte Mosavi alleine den Weg fortsetzen. Ein Schlepper wurde bezahlt, bis nach Rumänien führte der Weg die Gruppe von 40 Flüchtlingen, die von zwei Maskierten begleitet wurde. Drohungen der Schlepper und Angst vor Entdeckung waren Alltag, erzählt Mosavi. In Rumänien war dann Schluss: An der ungarischen Grenze wurden sie von der Polizei entdeckt.

Cousin vermittelt Kontakt nach Drensteinfurt

Die Unterstützer in Drensteinfurt
Pfarrer Jörg Schlummer (von links), Seyd Mohamed Mosavi, Waltraud Angenendt und Nassir Sayed. | Foto: Peter Körtling

Sie wurden auf eine Wache gebracht, eingesperrt und geschlagen, weil die Beamten sie für Taliban hielten. Nach mehreren Wochen half ihm ein anderer Flüchtling, die Flucht bis Berlin fortzusetzen. Mosavi beantragte Asyl und lebte in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) am Möhnesee im Sauerland, als ihn die Hiobsbotschaft erreichte: Gemäß EU-Recht solle er ausgerechnet in Rumänien Asyl beantragen, dem ersten EU-Land, wo er erfasst wurde.

Ein anderer Flüchtling erzählte ihm vom Kirchenasyl, und sein Cousin Nassir Sayed, der seit langem in Drensteinfurt lebt, vermittelte den örtlichen Kontakt. Bei dem Verfahren muss Aussicht auf Erfolg bestehen und viele Stellen müssen eingebunden sein, von der Rechtsabteilung im Generalvikariat über das Katholische Büro in Düsseldorf bis zum Kirchenvorstand. Zudem muss für die Unterbringung, Versorgung und Begleitung gesorgt sein.

Asylantrag wird abgelehnt

Das Kirchenasyl wurde aber gewährt, und dann ging es Schlag auf Schlag, wie Mosavi erzählt: Er bekam ein Zimmer im Pfarrhaus, lernte Deutsch, viele Leute kümmerten sich um ihn. „Ich möchte ausdrücklich sagen, wie dankbar ich all diesen Menschen bin“, sagt der 20-jährige. Doch manchmal sei alles zuviel. Dann ziehe er sich zurück, braucht Ruhe. Während des Verfahrens regiere die Angst.

Das Kirchenasyl hatte Erfolg, und er konnte im Januar hier erneut seinen Asylantrag stellen. Doch die nächste Hiobsbotschaft folgte: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte seinen Antrag nach Aktenlage ab. Er könne nach Afghanistan zurückkehren, da die Sicherheitslage sich, so die offizielle Begründung, nach der Machtergreifung der Taliban stabilisiert habe.

Mosavi will nach vorne blicken

Doch Waltraud Angenendt, Vorsitzende des Deutsch-Ausländischen Freundeskreises Drensteinfurt, gibt sich kämpferisch: „Nun wird der Klageweg beschritten.“ Täglich seien in den Nachrichten die unsäglichen Lebensbedingungen unter den Taliban zu sehen. Da von einer „entspannten Sicherheitslage“ zu sprechen, sei unglaublich. Mosavi leide bis heute unter Albträumen, auch wenn er versuche, sich nichts anmerken zu lassen.

Und was wünscht sich Mosavi? „Zur Ruhe kommen“, sagt er. Sein Deutsch weiter verbessern und eine Ausbildung machen. Er wolle nach vorne blicken und sich etwas aufbauen. „Am liebsten würde ich Automechaniker“, sagt Mosavi und dabei lächelt er sogar erstmals.

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