Patienten sind in Sorge vor höheren Zuzahlungen für die häusliche Pflege

An der Pflege sparen, um die Stromrechnung zu zahlen?

  • Pflegebedürftige sind in Sorge vor höheren Beiträgen für die ambulante Pflege
  • Wer an der Pflege spart, bekommt von der Pflegekasse Geld zurück
  • Die Caritas sorgt sich um die Versorgungsqualität und die Belastung der Angehörigen 

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Alles wird teurer, auch die ambulante Pflege daheim? In Sorge vor Zuzahlungen haben Pflegedürftige seit Mitte des Jahres 2022 deutlich weniger Pflegeleistungen in Anspruch genommen. Wer sich bislang morgens bei Zahn- und Prothesenpflege unterstützen und die Kompressionsstrümpfe anziehen lässt, spart sich nun zum Beispiel bei der Ganzwaschung die Pflegekraft und bittet stattdessen Tochter oder Sohn um Hilfe unter der Dusche.

Bei den rund 2.000 Patienten der Sozialstationen des Caritasverbandes Geldern-Kevelaer fielen die monatlich gebuchten Pflegeleistungen zwischen August und Oktober 2022 durchschnittlich um fast 60 Euro auf 418 Euro pro Person. Nötig wären diese harten persönlichen Sparmaßnahmen aber nicht, sagt Caritas-Vorstand Karl Döring, eine Zuzahlung sei nicht in Sicht, auch wenn die häusliche Pflege seit 2018 insgesamt um 3,6 Prozent teurer geworden sei.

Wer Pflege spart, erhält Geld aufs Konto

Dennoch kommt das Sparen an der Pflege den Betroffenen zugute. Denn ihnen steht je nach Pflegegrad ein festes Budget zu. Wer dies nicht ausschöpft, erhält den Rest zu 70 Prozent aufs eigene Konto – eine willkommene Finanzspritze etwa für die Stromrechnung. Wer allerdings mehr Pflege bucht, als die Kasse zahlt, muss privat zuschießen.

Die Sorge vor einer Kostenexplosion entstand auch deshalb, weil viele private Pflegedienste im September 2022 die Löhne deutlich erhöhen mussten – entsprechend den Tarifverträgen freigemeinnütziger Pflegeanbieter oder dem Durchschnittsgehalt für Pflegekräfte ihres Bundeslandes. Wenn die Privaten dann die nächsten Pflegesatzverhandlungen um höhere Leistungen der Pflegekasse erst einige Monate später terminieren können, klafft zunächst eine empfindliche Lücke, die durch private Zuzahlung der Pflegebedürftigen gestopft werden soll.

Pflegedienste mit hoher Auslastung arbeiten kostendeckend

„Das hat es bei uns nicht gegeben, weil die Caritas mit der Kasse Tariflöhne verhandelt“, erklärt Finanzexperte Döring. Der Caritas-Vorstand erklärt, warum nach der Devise „Zeit ist Geld“ die ambulante Pflege im Verbandsgebiet Geldern-Kevelaer auch ein finanziell sicheres Geschäft ist: „Wir sind in jedem kleinen Ort vertreten, können Pflegetouren auf kurzen Fahrten planen und haben keine Parkplatzprobleme wie in der Großstadt.“ Zuletzt hat die Caritas vor Ort auch die ambulanten Patienten der Diakonie und der Karl-Leisner Pflegehilfe übernommen.  

Da die Patienten sich derzeit einen Teil ihrer Pflege sparen, könne eine Pflegekraft nun zwar mehr Menschen versorgen. „Es sinkt aber die Versorgungsqualität des einzelnen“, befürchtet Döring. Außerdem denkt man bei der Caritas bereits einen Schritt weiter: Wenn die Angehörigen vermehrt in die häusliche Pflege eingebunden werden, wo finden sie Auszeiten und Entlastungsangebote?

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