Pater Christian Brüning zum Training gegen Selbstherrlichkeit

Auslegung der Lesungen vom 1. Fastensonntag / Lesejahr A

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Die Fastenzeit ist auf Christus ausgerichtet. Es gilt dabei, sich in ein Trainingslager für Körper und Geist zu begeben. Es geht um Umkehr und Buße, sagt Pater Christian Brüning OSB und legt die Lesungen des Ersten Fastensonntags aus.

Dem Tagesgebet des Ersten Fas­tensonntags zufolge trägt die Fastenzeit oder österliche Bußzeit nicht einen Sinn in sich selbst. Sie ist auf Christus ausgerichtet und dient dazu, „dass wir in der Erkenntnis Jesu Christi voranschreiten.“ Um ihn geht es und um die Bewegung auf ihn zu.

Als Kontrast dazu schildert die Lesung aus dem Buch Genesis die Schöpfungsgeschichte des Menschen und seinen „Sündenfall“. Durch die Schlange verführt, will der Mensch „werden wie Gott und Gut und Böse erkennen“. Ziel dieses Titanismus ist es, das Gottsein an sich zu reißen und selbst über Gut und Böse verfügen und herrschen zu können. Dieses Streben des Menschen scheitert jedoch. So stellt die Lesung pointiert fest: Die Menschen erkannten, dass sie nackt waren.

Jesus Christus weist die Macht von sich

Die Lesungen vom 1. Fastensonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

„Herrschen“ ist das Stichwort, mit dem die zweite Lesung aus dem Römerbrief anknüpft. Durch die Übertretung des einen Menschen, durch sein Selbst-Herrschen-Wollen, ist der Tod zur Herrschaft gekommen. Erst durch die Gnade Gottes und die Gabe, die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus bewirkt wurde, konnte Gott den Menschen erlösen und ihm die Herrschaft von sich aus schenken. Diejenigen, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteilwurde, herrschen im Leben durch den einen, Jesus Christus.

Als Evangelium für den ersten Fastensonntag ist die Versuchungsgeschichte Jesu vorgesehen. Als roten Faden mag man erkennen, dass es auch hier um das Herrschen geht. Herrschen bedeutet, die Dinge selbst in die Hand nehmen zu wollen. Sei es, dass der Gottessohn die Macht an sich reißt und mit seinem Befehl Steine zu Brot wandelt; sei es, dass er sich von der Tempelmauer herabstürzt, um Gott zu zwingen, ihn aufzufangen; sei es, dass er die Herrschaft über alle Reiche der Welt mit all ihrer Pracht für sich beansprucht, – es geht in allem um die Versuchung, selbst herrschen zu wollen. Jesus Christus weist sie klar von sich und ordnet sich Gott unter. 

Trainingslager Fastenzeit

Als Mittel gegen die Selbstherrlichkeit, die Versuchung des alten Adam, selbst herrschen zu wollen, empfiehlt die Liturgie des ersten Fas­tensonntags im Tagesgebet die jährliche Übung der vierzig Tage: „Allmächtiger Gott, du schenkst uns die heiligen vierzig Tage als eine Zeit der Umkehr und der Buße. Gib uns durch ihre Feier die Gnade, dass wir in der Erkenntnis Jesu Christi voranschreiten und die Kraft seiner Erlösungstat durch ein Leben aus dem Glauben sichtbar machen.“

Anders als in der deutschen Fassung ist im lateinischen Original nicht von der Zeit der Umkehr und der Buße die Rede, sondern einfach von den vierzigtägigen Übungen, den „exercitia“. Das Wort hängt mit dem Wort „exercitus“ („Heer“) zusammen, mit dem die geübte, trainierte Mannschaft gemeint ist, die unter Befehl steht.

Lebenswandel soll ermöglicht werden

Der Autor
Pater Christian Brüning
Pater Christian Brüning OSB ist Mönch der Benediktinerabtei Gerleve. | Foto: Abtei Gerleve

Das Gebet spricht also sehr handfest von einem Trainingslager, bei dem ein körperlich wie geistiges Übungsprogramm zu absolvieren ist. Dessen Ziel ist, in der Erkenntnis, im Verstehen Christi voranzuschreiten.

Zudem soll es effektiv sein, einen Lebenswandel antrainieren, der Christus entspricht, ihm würdig und angemessen ist. Die „Exercitia“ sind keine selbst ausgesuchten, willkürlichen Übungen, sondern ein Fitnessprogramm mit der richtigen Ernährung und Bewegung unter der Regie des Übungsleiters Christus, das dessen Anleitung und Formung widerspiegelt.

In der Erkenntnis voranschreiten

Im Hintergrund der Oration mag man sich an paulinisches Gedankengut erinnern (1 Kor 9,24ff): „Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt! Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen.

Darum laufe ich wie einer, der nicht ziellos läuft, und kämpfe mit der Faust wie einer, der nicht in die Luft schlägt; vielmehr züchtige und unterwerfe ich meinen Leib, damit ich nicht anderen verkünde und selbst verworfen werde.“ In Anlehnung an diese Gedanken, empfiehlt uns das Tagesgebet des ersten Fastensonntags für die gesamte Fastenzeit, „in der Erkenntnis Jesu Christi voranzuschreiten.“ 

Sämtliche Texte der Lesungen vom 1. Fastensonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) finden Sie hier.

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