Kritik nach Corona-Demonstration in Berlin

Bischof Bätzing: Vorfall am Reichstagsgebäude „inakzeptabel“

Nach einer Demonstration gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung gibt es auch von Kirchenvertretern Kritik an teilnehmenden Gruppierungen und Übergriffen am Berliner Reichstag.

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Nach einer Demonstration gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung gibt es Kritik an teilnehmenden Gruppierungen und Übergriffen am Berliner Reichstag.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zeigt sich erschüttert über das Vordringen von Demonstranten auf die Treppe des Reichstagsgebäudes. „Die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und auf Versammlungsfreiheit stehen außer Frage. Aber die Szenen vor dem Deutschen Bundestag sind inakzeptabel“, sagte er am Montag in Bonn. Derartige „Entgleisungen“ dürften nicht wieder vorkommen.

 

„Seite an Seite mit Rechtsextremisten“

 

Bürger wie auch Christen seien aufgerufen, sich friedlich für die Demokratie einzusetzen, fügte der Limburger Bischof hinzu. „Als Gesellschaft müssen wir - über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg - zusammenstehen“, betonte Bätzing.

Auch der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer nannte es erschreckend, wenn Veranstalter und Teilnehmende keinerlei Probleme damit hätte, „Seite an Seite mit Rechtsextremisten unterwegs zu sein, die unsere Demokratie verhöhnen“. Gleichwohl sei es eine Stärke der Demokratie in Deutschland, dass „Menschen die krudesten Thesen in aller Freiheit äußern“ dürften, schrieb der katholische Geistliche auf Facebook.

 

„Trauriges und schmerzliches Signal“

 

Das Internationale Auschwitz Komitee beklagte, es sei ein „trauriges und schmerzliches Signal“, dass in Deutschland Demonstranten immer bedenkenloser mit „antisemitischen Verschwörungstheoretikern, ausgewiesenen Nazigruppen und Rechtsextremen gemeinsame Sache“ machten. „Trotzdem vertrauen und hoffen die Überlebenden des Holocaust darauf, dass die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sich weiter diesen Attacken auf den demokratischen Staat verweigern und entgegenstellen wird“, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, am Sonntag.

In Berlin hatten am Samstag rund 40.000 Menschen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung demonstriert. Darunter waren auch Reichsbürger, Rechtsextreme und Anhänger von Verschwörungsmythen.

 

Ärger um „Kirche in Not“-Plakat

 

Das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ bestritt unterdessen einen Bezug zu einem Plakat bei der Demonstration. „Das Transparent ist nicht bei uns erhältlich, es wurde und wird nicht von uns verwendet. Wir haben keinen Hinweis auf seine Herkunft“, sagte Geschäftsführer Florian Ripka der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in München. Auf Twitter sorgte ein Foto des Plakats für heftige Kritik. Darauf stand „Christians Lives Matter - Christen am meisten verfolgt weltweit!“ und die Webadresse www.kirche-in-not.de.

Bereits am Samstagabend hatte ein Sprecher des päpstlichen Hilfswerks dem Internetportal katholisch.de erklärt, seine Organisation habe weder mit dem Plakat etwas zu tun noch mit der Demonstration: „Das Thema Christenverfolgung ist ernst und verdient Aufmerksamkeit, aber ein Zusammenhang mit einer Demonstration rund um Corona-Maßnahmen erschließt sich uns nicht.“

 

Zentralrat der Juden: Zutiefst besorgt

 

Die zuerst verbotene und später dann doch zugelassene Demonstration war am frühen Nachmittag aufgelöst worden, weil sich zu viele Teilnehmer geweigert hatten, Abstand zu halten und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Demonstranten hatten zudem Polizei-Absperrungen am Reichstag bedrängt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übte auf Facebook Kritik daran: „Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie.“

Auch der Zentralrat der Juden kritisierte die Vorkommnisse in der Hauptstadt. „Wir sind bestürzt und zutiefst besorgt über die gestrigen Bilder vor dem Reichstagsgebäude“, hieß es auf Twitter. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, äußerte sich ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst kritisch.

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