Abschluss der Vollversammlung in Fulda

Bischofskonferenz beschließt Maßnahmenpaket gegen Missbrauch

Die Deutsche Bischofskonferenz haben angesichts des Missbrauchsskandal eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Dazu gehören mehr Gespräche mit Betroffenen, aber auch Diskussionen mit Experten über Zölibat und Sexualmoral.

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Die Deutsche Bischofskonferenz will den Missbrauchsskandal nach der Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie ohne Tabus aufarbeiten. „Es darf keine Tabuthemen geben“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Abschluss der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda. Die Bischofskonferenz hatte die Studie zum tausendfachen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche von 1946 bis 2014 am Dienstag der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die 66 in Fulda vertretenen Bischöfe kündigten in einer Erklärung an, sie wollten anderem künftig „mehr als bisher“ die Begegnung mit den Betroffenen suchen, die Personalakten in den Archiven für weitere Untersuchungen standardisieren, unabhängige Fachleute im Rahmen der Aufklärung heranziehen, Verantwortlichkeiten und Täter klären und sich der Diskussion um Zölibat und katholische Sexualmoral stellen. Zudem soll das Anerkennungsverfahren zur Entschädigung und dessen Höhe neu verhandelt werden.

 

Dialog mit Betroffenen, Experten und Zentralkomitee

 

Kardinal Marx unterstrich, er habe „wirklich den Eindruck“, die Bischöfe seien mit „großer Ernsthaftigkeit und persönlicher Betroffenheit“ das Ergebnis der MHG-Studie durchgegangen. Die Empfehlungen der beteiligten wissenschaftlichen Institute seien Grundlage für die weiteren Schritte zur Aufarbeitung. Dabei gehe es auch um Teilung und Kontrolle von Macht und ein neues Miteinander in der Kirche. Mit Blick auf die Zahlungen an Opfer sagte er, es gebe eine große Bandbreite unterschiedlichen Vorgehens in den Bistümern.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, betonte, die Maßnahmen sollten kontinuierlich überprüft und über das Vorgehen öffentlich berichtet werden. „Ausdrücklich soll der weitere Weg gemeinsam mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs, externen Fachleuten und Vertretern unserer Laiengremien, besonders des Zentralkomitees der deutschen Katholiken erfolgen.“ Er sprach von einer neuen Etappe, in der eine konkrete Aufarbeitung erfolgen müsse.

 

Ist der Zölibat das Problem?

 

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat unterdessen angekündigt, mögliche Zusammenhänge zwischen der Verpflichtung der Priester zur Ehelosigkeit und sexuellem Missbrauch an Minderjährigen stärker zu überprüfen. „Wir werden uns fragen, wo in der zölibatären Lebensform Risiken liegen, wenn sie als Flucht vor der Wirklichkeit, aus Angst vor Beziehung oder aus fehlgeleiteter Sucht nach Status gewählt wird“, schreibt Koch in einem Gastbeitrag für die Boulevardzeitung „B.Z.“ (Donnerstag).

Zuvor hatte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf dafür plädiert, die Pflicht zur Ehelosigkeit für katholische Priester zu überdenken. Für ihn sei der Zölibat kein Tabuthema, sagte der Bischof im SWR.

Der Passauer Stefan Oster erklärte demgegenüber, er sehe keine Notwendigkeit, grundsätzlich über den Zölibat zu diskutieren. Die Ergebnisse der Missbrauchsstudie hätten deutlich gemacht, dass der Zölibat „nicht das eigentliche Problem“ sei, sagte er am Mittwoch im ZDF. Das Problem liege vielmehr darin, dass die Lebensform und das System der katholischen Kirche immer wieder Menschen angezogen habe, die „womöglich sexuell unreif sind und ein Problem haben und hoffen, es in der Kirche in einer solchen Struktur verdrängen zu können, sich dem nicht stellen zu müssen“, sagte Oster. Diese „unreife Disposition“ in Kombination mit dem Zölibat habe womöglich Übergriffe begünstigt.

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