Versicherung zahlte Geld für das gestohlene Kreuz

Bistum überrascht über Lösegeld für Borghorster Stiftskreuz

Die Zahlung eines Lösegelds von 100.000 Euro für das Borghorster Stiftskreuz durch eine Versicherung hat das Bistum Münster ebenso überrascht wie das Landgericht Münster. Bisher war öffentlich immer erklärt worden, es sei kein Geld geflossen.

 

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Die Zahlung eines Lösegelds von 100.000 Euro für das Borghorster Stiftskreuz durch eine Versicherung hat das Bistum Münster ebenso überrascht wie die 3. Große Strafkammer des Landgerichts Münster. Anwalt Jürgen Römer aus Osnabrück, der im Auftrag des Bistums an der Wiederbeschaffung beteiligt war, hatte am Dienstag vor Gericht die Zahlung eingeräumt. Bei der Präsentation des Stiftskreuzes am 17. Februar hatte Römer noch betont, es sei kein Geld gezahlt worden.

Die 100.000 Euro stammen von der Versicherung Provinzial Rheinland. Deren Sprecher Christoph Hartmann teilte am Mittwoch auf Anfrage von „Kirche-und-Leben.de“ mit, die Versicherung habe Geld für die Wiederbeschaffung ausgelobt, da zu befürchten gewesen war, dass das Kreuz ins Ausland gebracht werde und so unwiederbringlich verloren gehe.

 

Bistum wusste nichts vom Vorgehen der Versicherung

 

Als sich Hinweise verdichtet hätten, das Kreuz könne zurückgegeben werden, sei die Übergabe organisiert worden, so Hartmann. Nachdem dabei ein Kunstsachverständiger „die Echtheit und Unversehrtheit des Kreuzes bestätigt“ habe, sei das Geld über einen Anwalt an einen Unbekannten gezahlt worden. Bedingung sei unter anderem gewesen, dass der Überbringer des Kreuzes unerkannt bleibe.

Eine Sprecherin des Bistums Münster sagte auf Anfrage von „Kirche-und-Leben.de“, das Bistum habe von der Bereitstellung und Zahlung des Geldes nichts gewusst.

 

Anwalt: Wir sollten zunächst keine Angaben machen

 

Anwalt Römer sagte im WDR-Fernsehen: „Wir sind von der Versicherung angewiesen worden, zunächst dazu keine Angaben zu machen beziehungsweise zu sagen, dass keine Gelder geflossen sind.“ So habe man Nachahmer und Trittbrettfahrer fernhalten wollen. Es habe nicht der Eindruck entstehen sollen, dass Kriminelle Diebesgut aus Kirchen „nachher auch noch an die Kirche zurückverkaufen können“. Für Nachfragen war Römer am Mittwoch nicht erreichbar.

Römer gab im Prozess gegen den mutmaßlichen Auftraggeber des Stiftskreuz-Diebstahls an, am 14. Februar 100.000 Euro in bar in einer Aktentasche in Bremen an den Anwalt des Angeklagten übergeben zu haben. Dieser habe das Geld an einen Unbekannten weitergegeben und dafür das Kreuz zurückerhalten. Der Bremer Anwalt selbst berufe sich auf eine Schweigeverpflichtung, sagte der Sprecher des Landgerichts Münster, Daniel Stenner, zu „Kirche-und-Leben.de“.

 

Angeklagter streitet ab, das Geld erhalten zu haben

 

Wo sind die 100.000 Euro, und wer hat sie? „Diese Fragen sind auch für die Strafkammer nun von hohem Interesse“, sagte Gerichtssprecher Stenner. Der dort Angeklagte streitet ab, die Tat in Auftrag gegeben zu haben. Vielmehr habe er „Kontakte spielen lassen“, um das Kreuz wiederzubeschaffen. Das Geld habe er nicht erhalten. Vor Prozessbeginn hatte das Gericht dem Mann signalisiert, im Fall einer Verurteilung könne es sich mildernd auf das Strafmaß auswirken, wenn das Kreuz unbeschädigt zurückgegeben werde – und unentgeltlich.

Der Prozess wird am 28. März fortgesetzt. Dann wird der zweite von drei Männern, die wegen des Diebstahls bereits verurteilt worden waren, als Zeuge gehört. Das Trio beschuldigt den derzeit Angeklagten, die Tat in Auftrag gegeben zu haben. Einer der Täter sagte vor Gericht aus, die drei Männer hätten nach der Tat 37.500 Euro vom Angeklagten erhalten.

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