Redakteur Jens Joest über eine übersehene Gruppe in der Priester-Debatte

Ein Dankeschön den Ruhestands-Pfarrern!

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Geht es um katholische Priester, werden fast immer Aufreger-Themen diskutiert. Dabei gerät eine Gruppe aus dem Blick, ohne die die „geistliche Grundversorgung“ längst zusammengebrochen wäre, findet Redakteur Jens Joest.

Wer über Priester spricht, ärgert sich oft darüber, dass es zu wenige gibt. Oder darüber, dass es immer noch keine Priesterinnen geben darf. Darüber, dass der Vatikan am Pflichtzölibat festhält. Oder darüber, dass „mein Pfarrer“ am Sonntag eine unsägliche Predigt gehalten hat.

Bei aller Aufregung gerät eine Gruppe aus dem Blick, ohne die die „geistliche Grundversorgung“ längst zusammengebrochen wäre – die Ruhestandspriester: Mit 75 Jahren gehen Pfarrer in der Regel in Rente – acht Jahre später als die meisten anderen Berufe. Dann sind Priester nicht länger Teil der Stellenpläne, stehen nicht mehr im „aktiven Dienst“.

 

Im Ruhestand und trotzdem noch im Dienst

 

Was so nicht stimmt. Ja, die pries­terlichen Ruheständler haben es verdient, kürzer zu treten. Genießen vielleicht, Personalverantwortung, Verwaltungsarbeit, Rufbereitschaften „loszuwerden“. Mehr Zeit zu haben auch am Sonntag – denn wenn die meis­ten Arbeitnehmer frei haben, arbeiten Seelsorgende regulär.

Gleichwohl belegen unzählige emeritierte Priester, dass ihr Beruf ihnen Berufung ist. Viele bieten an, weiter Gottesdienste zu feiern. Manche Vorabend- oder Werktagsmesse wäre wohl schon gestrichen ohne die Emeritierten. Senioren in der Pfarrei oder in Altenheimen freuen sich über die Zeit für Seelsorge-Besuche, die die Ruheständler sich nehmen können – und oft wollen. In manchem Krankenhaus oder Frauenkloster könnte keine Eucharis­tie mehr angeboten werden. Auch am Heiligen Abend, zu Ostern und an anderen Tagen mit starker Gottesdienst-Nachfrage helfen Pensionäre mit.

 

Einkalkuliert, aber nicht selbstverständlich

 

Ihre Hilfe ist faktisch einkalkuliert. Das geben Pfarrer und andere Seelsorgende ganz offen zu. Umso wichtiger, sich bewusst zu machen, dass dieses Mithelfen nicht selbstverständlich ist.

Mag sein, dass mancher Emeritus nicht – mehr – allzu kreativ predigt. Dass er „routiniert“ nach Messbuch zelebriert und keine moderneren Kirchenlieder mag. Aber was wäre ohne ihn?

Ich möchte nicht auf engagierte Ruheständler verzichten müssen. Ihnen allen gute Gesundheit – und herzlichen Dank!

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