Fotostrecke und Nachruf auf den verstorbenen Weihbischof in Münster

Friedrich Ostermann: „Im Grunde bin ich immer Pfarrer geblieben“

Knorrig, im besten Sinn stur, ein Original: Friedrich Ostermann ist tot. Auch als Weihbischof war es ihm immer am wichtigsten, unter den Menschen zu sein, gern in den Pfarreien, zum Beispiel bei Visitationen. Ein Nachruf.

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Der am Montag verstorbene Weihbischof Friedrich Ostermann mochte den Kontakt mit Menschen und galt bei vielen als echtes Original am Domplatz. „Ich habe mich immer gefreut, bei Visitationen ganze Tage in Gemeinden sein zu können. Da war ich ein bisschen in meinem Milieu“, bekannte er einmal. Berührungsängste gegenüber dem Weihbischof waren „in der Regel ganz schnell abgebaut“, freute er sich. „Im Grunde bin ich immer Pfarrer geblieben.“

Ostermann konnte aber ebenso gut mit Verantwortlichen aus Kirche, Politik, Medien und Weltkirche: als Leiter der Fachstelle Mission, Entwicklung, Frieden im Bischöflichen Generalvikariat, als Vorsitzender des Bonifatiuswerkes und Diözesandirektor des Bonifatiuswerkes der Kinder und als Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.

 

Leidenschaft für Medien

 

Zwölf Jahre lang besuchte der Medienbischof die Berlinale, führte Gespräche mit den Intendanten der Rundfunkanstalten und brachte das katholische Internetportal „katholisch.de“  mit auf den Weg. „Die Medien bieten die Chance, die Frohe Botschaft in die Öffentlichkeit zu bringen: durch Dokumentationen, Gottesdienstübertragungen oder gute Spielfilme“, war Ostermann überzeugt. Auch bei der Verleihung des katholischen Medienpreises und der Ausbildung von Journalisten konnte er prägend wirken.

„Kirche muss in den Medien präsent sein, sonst ist sie nicht“, war er überzeugt. Die katholische Presse habe es heute schwer, wusste er wohl. „Aber ich glaube, es lohnt sich wirklich, für sie zu kämpfen. Die Menschen sind interessiert an vernünftiger Hintergrundinformation. Und sie suchen Organe, die glaubwürdig sind.“

 

Früh in Kontakt mit Gestrandeten

 

Geboren am 21. Juni 1932 in Münster, wurde Ostermann von seiner Heimatpfarrei St. Martini geprägt. Mit den Gestrandeten und weniger gut Gestellten, die nach dem Krieg in den Kasernen des Martiniviertels Unterschlupf fanden, kam er früh in Berührung: „Meine Familie war eine Zufluchtsstätte für viele von ihnen.“ Ostermanns Vater übernahm Vormundschaften von Waisen. Kein Wunder, dass er später viele Jahrzehnte lang den Heiligen Abend mit Menschen feierte, die allein oder am Rand der Gesellschaft leben.

Die Familie war für ihn zentral. Das zeigt auch die Antwort auf einen Familien-Fragebogen von „Kirche+Leben“. Darin schwingt tiefe Dankbarkeit und Hochachtung mit. „Da mein Vater der NSDAP nicht beitreten wollte, war er sechs Jahre arbeitslos. So durfte ich in einer Familie aufwachsen, in der sich beide Elternteile viel Zeit nehmen konnten für meine Schwester und mich“, schrieb er.

 

Verantwortung und Vertrauen

 

Die dunkelsten Tage seiner Kindheit waren der Tod seiner 21-jährigen Schwester und der Tod seiner Großmutter, die in den letzten drei Monaten ihres Krebsleidens in meinem Elternhaus lebte. Trost und Kraft fand er damals in der Stille und im Gebet.

Auch eine weitere Erfahrung aus Jugendtagen nahm er mit in den Dienst als Seelsorger und Bischof. „Meine Eltern weckten in mir ein starkes Verantwortungsbewusstsein. Durch das Vertrauen, das sie mir entgegengebracht haben, fühlte ich mich frei und wusste, dass ich ihr Vertrauen nicht enttäuschen dürfte.“ Die Verbindung von Vertrauen und Verantwortung erwartete Friedel Ostermann auch von Mitarbeitern und Mitchristen.

 

„Zupacken - nur dann wird es weniger“

 

Im Sommer 1945 wurde er zu Aufräumdiensten an den kriegszerstörten Dom beordert. Dabei habe er gelernt, nicht hilflos vor einem Berg Arbeit zu stehen, sondern einfach zuzupacken, erinnerte er sich. „Nur dann wird es weniger.“ Sieben Jahre später machte er Abitur und begann, in Münster Theo­logie zu studieren. Dass er Priester wurde, war keineswegs gewiss. „Die Mitstudenten machten mir Vorwürfe, weil ich zum Tanzen und in die Kneipe ging.“

Von den ehemaligen Mitabiturienten, die mit ihm studierten, sei er aber der Einzige gewesen, der 1958 geweiht wurde, erinnerte sich Ostermann einmal mit einem Schmunzeln. Nach den Kaplansjahren ging er 1969 als Pfarrer in die Herz-Jesu-Gemeinde in Rheine. „Ich glaube, dass ich daran gereift bin“, berichtete er später. „Denn sonst entdeckst du gar nicht deine Möglichkeiten. Du weißt gar nicht, was du kannst.“

 

Weihbischof für Münster und Warendorf

 

1981 weihte Bischof Reinhard Lettmann den damals 49-Jährigen zum Bischof. Fortan war er für die Region Münster und Warendorf zuständig. „Es war ein großes Problem, dass ich nicht mehr die Vertrautheit der Gemeinde hatte. Als Pfarrer ist man bedeutend näher bei den Menschen, bei ihren Freuden und Sorgen“, bekannte er. Schon deswegen liebte er die Besuche in den Gemeinden. Menschen seien „weder mit dem Katechismus, noch mit klugen Büchern an den Glauben zu binden“, war Ostermann überzeugt. „Menschen kann man nur durch persönliche Begegnungen anrühren.“

Bei einigen seiner Projekte – wie in Münster die Jugendkirche Effata, das Kirchenfoyer und den City-Advent – musste Ostermann aber auch dicke Bretter bohren. Er habe seine Ideen den zuständigen Gremien vorgetragen, „und sie wurden dort handfest blockiert“, erinnerte er sich anlässlich seines Diamantenen Priesterjubiläums 2018. "Damals stand ich völlig allein da und hatte nur Bedenkenträger um mich herum.“

 

Verbeugen – nur vor Gott

 

Dass er die Projekte, die später teilweise zu Aushängeschildern im Bistum Münster avancierten, dennoch durchsetzte, hat er nach eigenen Angaben seiner Sturheit und einem Vertrauensvorschuss von Bischof Reinhard Lettmann zu verdanken. Klare Worte und eine stoische Ausdauer brachten den knorrigen Westfalen ans Ziel.

Zuweilen liebte es Ostermann, seine Gesprächspartner aus der Reserve zu locken – immer um eine ehrliche Antwort seines Gegenübers bemüht. Er mochte keine persönlichen Eitelkeiten – weder bei sich selbst, noch bei anderen. Mit trockenem Humor berichtete er über seine Rolle 1987 bei der Anbahnung der Diözesanpartnerschaft zwischen Münster und Nord-Ghana. Man habe ihm damals bedeutet: „Sie verbeugen sich nur vor einem Bischof. Und dann musste ich im nächsten Jahr nach Ghana.“ Das war das einzige Mal. Danach überließ er die Aufgaben lieber den Initiatoren und Laien.

In den letzten Lebensjahren genoss Friedrich Ostermann seine freie Zeit, machte Besuche, studierte theologische Bücher und las viel. Und blieb seinem Weihespruch treu: „Freut euch allzeit im Herrn.“

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