Marischa-Pfarrer Stefan Rosenbaum: Das Gewerbe wird bleiben, denn der Markt bleibt

Gegen generelles Prostitutionsverbot - SkF kontert Unionsvize Dorothee Bär

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Die Unions-Fraktionsvize im Bundestag, Dorothee Bär (CSU), fordert ein Verbot von Sexarbeit in Deutschland. Kirchliche Initiativen sehen darin mehr Probleme als Vorteile.

Der Sozialdienst Katholischer Frauen (SkF) in Münster spricht sich dagegen aus, Sexarbeit generell zu verbieten. Vielmehr sei es wichtig, Begleiterscheinungen wie etwa den Sextourismus oder die Zwangsprostitution intensiver zu bekämpfen, sagt Nicole Stange, Geschäftsführerin des SKF in Münster im Gespräch mit „Kirche-und-leben.de“. „Da müssen rechtliche Grundlagen geschaffen werden, die solche Dinge mit aller Schärfe verhindern.“

Der SKF reagiert damit auf die Forderung der Vize-Fraktionsvorsitzenden der Unionsparteien im Bundestag, Dorothee Bär (CSU). Sie will den Kauf von Sex verbieten, um betroffene Frauen besser zu schützen. Deutschland habe sich zu einem Bordell Europas entwickelt, in dem etwa 250.00 Prostituierte zumeist ohne behördliche Anmeldung arbeiteten, erklärte sie gegenüber der "Bild". Bär spricht sich für die Einführung eines Modells aus, bei dem die Käufer von Sexdiensten bestraft werden, nicht die Sexarbeiterinnen.

Prostitution kann nicht verhindert werden

„Ein generelles Verbot wird Prostitution nicht verhindern, nur in die Illegalität drängen – Hilfen und Unterstützung für betroffene Frauen werden dadurch erschwert“, kontert Stange. Der SkF in Münster kommt mit seinen Angeboten etwa in der Wohnungslosenhilfe oder in Frauenschutzhäusern an vielen Stellen in Kontakt mit betroffenen Frauen. „Wir beschäftigen uns derzeit auch mit Ideen, künftig konkrete Hilfs- und Unterstützungsangebot für Prostituierte zu entwickeln.“

„Das Gewerbe wird bleiben, denn der Markt bleibt“, sagt auch Pfarrer Stefan Rosenbaum aus der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul in Straelen mit Blick auf ein generelles Verbot. Gegenüber "Kirche-und-Leben.de" zeigte sich der Der Mitbegründer von „Marischa“, einem Hilfsprojekt für Sexarbeiterinnen in Münster, überzeugt davon, dass Prostitution in ihren verschiedenen Formen auch nach einem Verbot auf ähnliche Weise weiter bestehen wird. „Frauen, Zuhälter und Freier werden einen Weg dafür finden.“ Die Prostituierten auf der Straße etwa würden schnell ein „Meldesystem“ entwickeln, um ihre Dienste vor Zugriffen der Polizei zu schützen.

Druck auf das kriminelle System

Ein Verbot ihrer Sexarbeit würden den Frauen dagegen zusätzlichen Druck bereiten, sagt Rosenbaum. „Sie sind die ersten Leidtragenden, denn sie werden zu allen anderen Sorgen noch die Angst vor rechtlichen Folgen spüren.“ Der Rückzug von Hilfsangeboten könne folgen, um nicht öffentlich in Erscheinung treten zu müssen.

Viel wichtiger als ein Verbot sei es, das gesellschaftliche Bild der Prostitution zu verändern, so Rosenbaum. „Keine Frau wird als Sexarbeiterin glücklich – auch nicht, wenn es ein legales Gewerbe ist.“ Der Zwang, die Aussichtslosigkeit und die Erniedrigung, die von den Frauen erlebt würden, müssten in der Öffentlichkeit bekannt sein. So könne Druck auf das kriminelle System dahinter entstehen.

Der rechtliche Hintergrund

Das Prostitutionsgesetz im Jahr 2002 hatte Sexarbeit als nicht mehr sittenwidrig, sondern als normales Gewerbe eingestuft. Ziel war es, die rechtliche und soziale Situation der Prostituierten zu verbessern. Kritiker halten dagegen, dass sich ein gegenteiliger Effekt eingestellt habe, weil das Gesetz die Möglichkeiten von Zuhältern, Sexindustrie und Freien verbessert habe.

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