Pädagogin prangert Fehlen der Kirchen an

SkF übt deutliche Kritik an Abtreibungs-Kommission der Bundesregierung

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Die Besetzung der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin stößt auf Kritik bei Renate Jachmann-Willmer. Sie ist Religions- und Sozialpädagogin und sitzt im Vorstand des Sozialdienstes katholischer Frauen. Die Besetzung erschwere einen gesellschaftlichen Konsens, so Jachmann-Willmer in einem Gastkommentar der „Herder-Korrespondenz“

Die Besetzung der Kommission der Bundesregierung zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin stößt auf Kritik des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF). Kirchen oder Behindertenverbände seien nicht vertreten, schreibt die Religions- und Sozialpädagogin Renate Jachmann-Willmer vom Vorstand des SkF-Gesamtvereins in einem Gastkommentar in der in Freiburg erscheinenden „Herder-Korrespondenz“ (April-Ausgabe). Das lasse nach der Ergebnisoffenheit der Arbeit der Kommission fragen und erschwere einen gesellschaftlichen Konsens.

Ende Februar hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Zusammensetzung der Kommission bekannt gegeben. Die 18 Mitglieder aus Medizin, Medizinethik, Sexualwissenschaft, Psychologie und Recht sollen eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs prüfen.

Expertin: Beratungspflicht zumutbar

Jachmann-Willmer forderte, die Kommission müsse auch prüfen, ob eine solche Regelung außerhalb des Strafrechts das Recht der Frau auf Selbstbestimmung und das des Kindes auf Leben besser sicherstelle als die derzeitige Regelung. Bereits jetzt entscheide die Frau über einen Schwangerschaftsabbruch.

Die verpflichtende Beratung vor einem Abbruch sei eine doppelte Anwaltschaft, die die Rechte von Frauen und ungeborenen Kindern in Balance bringe. Angesichts der Tragweite der Entscheidung sei eine Beratungspflicht zumutbar, schrieb die Pädagogin. Diese Pflicht schütze nicht nur das Kind, sondern auch Frauen in vulnerablen Lebenslagen, wenn sie dem Druck ihres Umfelds ausgesetzt seien.

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im Jahr 2022 gestiegen. 104.000 Fälle entsprachen einem Anstieg um 9,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. 2021 war mit 94.600 Fällen der niedrigste Stand seit Beginn der Statistik verzeichnet worden. Die aktuelle Zahl liege auch über dem Niveau der Jahre 2014 bis 2020: In diesem Zeitraum habe es stets zwischen 99.000 und 101.000 Fälle gegeben.
Rund 70 Prozent der Frauen, die einen Abbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, so die Statistiker weiter. 19 Prozent waren zwischen 35 und 39 Jahre, rund 8 Prozent über 40 Jahre und rund 3 Prozent jünger als 18 Jahre. 96 Prozent der im Jahr 2022 gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche seien nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen worden; Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Sexualdelikten waren in 4 Prozent der Fälle die Begründung für den Abbruch. (KNA)

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