Hospiz-Freundeskreis Dorsten gründet neue Selbsthilfegruppe

Hospizdienst weitet Angebot aus - und diskutiert über Suizid-Beihilfe

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Sie haben schon viel erreicht und wollen weiter neue Angebote schaffen: Der Hospizdienst in Dorsten im Kreis Recklinghausen ist breit aufgestellt und entwickelt weitere Hilfen, wie etwa eine Selbsthilfegruppe für Trauernde nach Suizid.

Ein großes Bedürfnis nach Gesprächen stellen der ambulante Hospizdienst und der Hospiz-Freundeskreis in Dorsten fest. In der Kinder-, Jugend- und Familien-Trauerbegleitung hat sich jüngst eine weitere vierte Gruppe gebildet: die der jungen Erwachsenen.

„Eine Menge Überwindung und eine Portion Mut gehören für die jungen Erwachsenen dazu, um in einer Gruppe über Gefühle, Sorgen und Ängste sprechen zu können“, sagt Claudia Kiehl. Die gelernte Pflegekraft und erfahrene Hospizbegleiterin leitet den ambulanten Hospizdienst Dorsten.

Trauer nach Suizid

Seit einiger Zeit kommen Menschen jeden Alters aus dem Ruhrgebiet, dem Niederrhein und dem Münsterland nach Dorsten in das frühere Pfarrhaus der Gemeinde St. Nikolaus, um dort an der begleiteten Selbsthilfegruppe für Trauernde nach Suizid teilzunehmen. Alle 14 Tage sprechen zwölf bis 15 Frauen und Männer in der Gruppe über das Unfassbare einer Selbsttötung.

Wie Claudia Kiehl sagt, sterben jährlich in Deutschland etwa 10.000 Menschen durch Selbsttötung. Bei jedem Tod sind etwa fünf bis 20 nahestehende Angehörige unmittelbar betroffen. So sind bundesweit Jahr für Jahr etwa 100.000 Menschen mit einem Suizid konfrontiert.

Anfänge der Hospiz-Arbeit

„Schuldgefühle, Wut und Hilfslosigkeit setzen bei den Angehörigen ein. Oft sind die Hinterbliebenen allein und leiden unter sozialer Kontaktlosigkeit, weil sich Freunde und Bekannte zurückziehen, denn auch sie sind oft hilflos“, erklärt die Hospizdienstleiterin.

Sterben, Tod und Trauer sind in Dorsten aus der sogenannten „Tabu-Zone“ herausgekommen, als in den späten 1990er Jahren der damalige Caritas-Geschäftsführer Uwe Gorski und die Malteser-Stadtbeauftragte Ursula Ansorge zusammen mit Lambert Lütkenhorst den Hospizdienst ins Leben riefen. „Unsere ursprüngliche Idee war, ein stationäres Hospiz zu errichten. Doch dazu fehlten die Mittel. Also legten wir den Schwerpunkt auf die ambulante Hospizarbeit“, sagt Lambert Lütkenhorst. Heute ist der Hospiz-Freundeskreis Mitgesellschafter des 2022 eröffneten Klara-Hospizes im benachbarten Marl.

Aufgabe der christlichen Gemeinde

Der 75-Jährige gehörte zu den treibenden Kräften, die das Sterben aus den „Abstellkammern der Krankenhäuser“ herausholen wollten. „Eine menschenwürdige Sterbebegleitung, so wie sie es heute kennen, war damals selten. Es ist aber eine christliche Aufgabe, Sterbenden und deren Angehörigen beizustehen, um den Kranken ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen und den Angehörigen bei der Bewältigung ihrer Trauer zu helfen“, sagt Lambert Lütkenhorst. Er ist Vorsitzender des 130 Mitglieder zählenden Hospiz-Freundeskreises.

Schon früh hatte der Hospizdienst damit begonnen, die Palliativversorgung in der Stadt sicherzustellen. So wird das heutige Palliativnetzwerk Dorsten vom Dorstener St.-Elisabeth-Krankenhaus, dem ambulanten Hospizdienst, dem Hospiz-Förderkreis, dem Dorstener Ärztenetz und der Stadt Dorsten getragen.

Palliativnetzwerk für Schwerkranke gegründet

Das Palliativnetzwerk trägt den Titel „Spes Viva“ (lebendige Hoffnung). Das Logo des Netzwerkes zeigt einen Fisch, der in seinem Bauch den Propheten Jona über ein stürmisches Meer ans rettende Ufer hinüberträgt.

„Uns geht es darum, Schwerkranken einen geschützten Ort der Begegnung und der Hoffnung zu geben, wo sie optimal und ganzheitlich behandelt werden. Auch Angehörigen in ihrer Trauer beizustehen und sie über den Tod des geliebten Menschen hinaus zu begleiten, gehört zum Selbstverständnis von Spes Viva“, sagt Lambert Lütkenhorst.

Diskussion um die Sterbehilfe auch in Dorsten

Vieles haben der Hospizdienst und sein Freundeskreis aufgebaut, wozu die Letzten-Hilfe-Kurse, die Trauerspaziergänge und nicht zuletzt die verlässliche Sterbebegleitung gehören, in der sich rund 30 Frauen und Männer freiwillig engagieren. Herausforderungen werde es weitere geben, meint Lambert Lütkenhaus und erwähnt die Diskussion um den assistierten Suizid: „Viele Fragen bleiben offen, was den gesetzlichen Rahmen anbelangt. Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Sterben fordert die Hospizdienste heraus.“

Die Beihilfe zum Suizid widerspreche den Grundsätzen der christlich geprägten Hospiz-Idee, meint der Dorstener: „Da ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir werden das Thema mit Veranstaltungen aufgreifen und wünschen uns dabei klare Worte von den Kirchen, damit die liberalen Tendenzen aus den Nachbarländern hinsichtlich des assistierten Suizids in Deutschland keine Mehrheiten finden.“

Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Menschen mit Suizidgedanken können sich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist unter den Rufnummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 täglich rund um die Uhr erreichbar. Sie berät kostenfrei und anonym. Der Anruf findet sich weder auf der Telefonrechnung noch in der Übersicht der Telefonverbindungen wieder. Es gibt auch eine E-Mail-Beratung. Der Mailverkehr läuft über die Internetseite der Telefonseelsorge und ist daher nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden. Hier geht es zur Telefonseelsorge.

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