Gabriele Podoll über ihre Begeisterung fürs „Skizzieren statt Knipsen“

In Mesum ist die „Urban-Sketching-Szene“ auf der Suche nach Motiven

  • Urban Skechting entwickelte sich etwa 2007 von den USA aus und bezeichnet Künstler, die ihre Städte und Umgebung zeichnen.
  • Gabriele Podoll aus Mesum fängt vor allem Szenen auf dem Alten Friedhof ein.
  • „Der Urban Sketcher sitzt vor seinem Motiv, wie der Angler vor dem Teich“, berichtet sie.

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Gabriele Podoll ist auf dem Alten Friedhof in Mesum unterwegs. Immer mit dabei: eine Bauchtasche zum Umschnallen, versehen mit Bleistift und Kugelschreiber, kleine Skizzenbücher und ein leichter Hocker aus Aluminium: „Der Urban Sketcher sitzt vor seinem Motiv, wie der Angler vor dem Teich“, berichtet sie. Abwarten, was passiert, wobei eigentlich eine erste Skizze nicht länger als 30 Minuten dauern sollte: „Skizzieren statt knipsen“ lautet das Motto dieser weltweiten Bewegung, die 2007 in Seattle in den USA ihren Anfang nahm. Dabei zeichnen die Künstler meist mit Bleistift und Aquarell ihre Städte und Dörfer. „Daher wird Urban Sketching auch als visueller Journalismus bezeichnet“, erläutert Gabriele Podoll.

Bei einem Rundgang über den Alten Friedhof fällt ein Automat für Grabkerzen ins Auge. Gegen zwei bis drei Euro spuckt das Gerät Wachslichter aus: „Eigentlich müsste ich jetzt meinen Block hervorholen und anfangen zu zeichnen“, sagt Podoll und scheint unter ihrem Mundschutz zu lächeln. Beim Urban Sketching werden alle Eyecatcher aufs Papier gebracht: „Das können die Gießkannen dort an der Wasserpumpe sein, oder das Kreuz hier am Eingang, oder diese denkmalgeschützte Linde – wichtig ist beim Urban Sketching, dass sich das Objekt in unmittelbarer Nähe befindet“. Schon das Abzeichnen vom Foto zuhause sei eigentlich nicht Sinn der Sache.

 

Kirchenlieder inspirierten zum Zeichnen

 

Die 56-Jährige aus Rheine-Mesum bietet seit einem Jahr einen kostenlosen Austausch für Urban Sketcher an, und hat sich vor allem auf Kirchen und Denkmäler spezialisiert. Interessierte kamen sogar aus Ibbebüren und Salzbergen zu den Treffen. „Momentan setzten wir uns mit dem Thema Türen auseinander, das ist für Neulinge erstmal eine leichtere Herangehensweise, um nicht gleich ein ganzes Gebäude zu zeichnen“, sagt Podoll. Inspiriert haben sie dazu ökumenische Kirchenlieder wie  „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ und „Ausgang und Eingang“.

Schon als Kind hat die gelernte Druckvorlagenherstellerin gerne gezeichnet: „Ich brauchte dieses Haptische, ich habe gerne einen Malstift in der Hand gehalten.“ Ihr Vater hat in seiner Freizeit viel geschreinert: „Vielleicht habe ich das handwerkliche Talent von ihm.“ Im Zuge der Digitalisierung starb ihr eigentlicher Beruf aus: „Meine Aufgabe war die Reinzeichnung, wenn es zum Beispiel um Plakate ging.“ Dabei hat sie eng mit Grafikern und den Fotografen zusammengearbeitet. Heute entstehen diese Vorlagen komplett am Computer: „Das Technische war nichts für mich“, sagt sie. Aufgeben war aber nicht drin für die Mesumerin. Sie bildete sich zur Floristin weiter, bevor sie aufgrund gesundheitlicher Beinträchtigungen ihre beiden Berufe nicht mehr ausüben konnte. „Aus diesem Grund ist das Urban Sketching für mich zu einer schönen Aufgabe geworden“, sagt sie.

Informationen zum Urban Skechting unter der E-Mail: urban-sketching(at)mesum.de

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