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Das zerbrechliche Gefüge der multiethnischen und multireligiösen israelischen Gesellschaft ist nach Einschätzung des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, durch die offen rassistische Haltung einiger Mitglieder der wahrscheinlichen neuen Regierung Israels gefährdet.
Von einer Christenverfolgung zu sprechen, sei seiner Einschätzung nach dennoch verkehrt, sagte der italienische Franziskaner und oberste katholische Repräsentant im Heiligen Land im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur in Jerusalem.
Aggressive Haltung gegen Nichtjuden
Während der Begriff Verfolgung für ihn verbunden sei mit dem Islamischen Staat (IS) und den Geschehnissen in Ländern wie Irak oder Syrien, sehe er in Israel keine „Verfolgung im Sinne einer klaren Strategie gegen jemanden“. Es gebe eine Vision, die jüdisch-religiöse Verbindung zur Stadt Jerusalem zu stärken, bei der Christen „ein Kollateralschaden“ sind, so Pizzaballa. Die Existenz von antichristlichen Gruppen lasse sich nicht leugnen, dies sei jedoch nicht die allgemeine Haltung des Staates.
Als rassistisch und problematisch bezeichnete Pizzaballa die Haltung einiger Koalitionsmitglieder, die sich offen aggressiv gegen Nichtjuden und die arabische Gesellschaft äußerten, zu der auch die palästinensischen Christen als Teil der palästinensischen Gesellschaft gehörten. Eine Regierung solle sich für den Erhalt des vielfältigen Gesellschaftsgefüges einsetzen und nicht zusätzliche Spaltungen und Spannungen schaffen.
Pilger kehren ins Heilige Land zurück
Für sein Bistum gehe ein fruchtbares Jahr mit vielen Veränderungen zu Ende, so Pizzaballa. Die Einheit zu wahren, bleibe dabei aufgrund der Einzigartigkeit des sich über vier sehr unterschiedliche Länder erstreckenden Bistums eine Herausforderung. „Letztlich ist es meine Rolle als Bischof, Garant der Einheit zu sein, und deshalb muss ich präsent sein in allen Teilen des Bistums“, so der Italiener.
Zu den erfreulichen Entwicklungen von 2022 gehörten neben der Einsetzung zweier neuer Bischöfe das Wachsen der katholischen Gemeinde von Gaza sowie die Rückkehr der Pilger ins Heilige Land, mit denen eine Normalität in das Leben der Gemeinschaft zurückgekehrt sei.