Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack begrüßt Debatte der evangelischen Kirche

Kirchensteuer-Rabatt für Berufsanfänger?

Mit einem Rabatt auf die Kirchensteuer junge Leute vom Kirchenaustritt abbringen - das überlegt die evangelische Kirche in Deutschland. Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack begrüßt die Debatte, bleibt aber skeptisch.

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Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack hält die Debatte in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) über einen Kirchensteuer-Rabatt für junge Mitglieder für grundsätzlich angemessen. „Der Grundgedanke hinter den aktuellen EKD-Überlegungen geht in die richtige Richtung“, sagte Pollack der Zeitung „Die Welt“ (Online, Print: Montag). Denn bei jungen Menschen zwischen 18 und 30 Jahren sei „die statistische Austrittswahrscheinlichkeit in der Tat sehr hoch“.

„Für diese Menschen, die sich aus den engeren familiären Bindungen lösen und materiell wie ideell selbstständig werden müssen, werden sich die Kirchen viele neue Angebote überlegen müssen“, sagte der stellvertretende Sprecher des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ an der Universität Münster. Er betonte aber, dass unter jenen Angeboten Kirchensteuer-Rabatte „wohl nur eines sein können und vielleicht nicht das Wichtigste sind“.

 

Pollack: Geld ist nicht das entscheidende Motiv

 

„Dass die Kirchensteuerersparnis das entscheidende Motiv für Kirchenaustritte sei, wird zwar immer wieder behauptet, trifft aber nach unseren Befunden nicht zu“, sagte Pollack. Die wichtigeren Gründe für Austritte lägen vielmehr in „religiöser Indifferenz, also in der Gleichgültigkeit gegenüber den zentralen kirchlichen Anliegen, sowie in einem Misstrauen gegenüber der kirchlichen Institution, der man keine Glaubwürdigkeit zubilligt“.

Insofern sei „zunächst einmal Skepsis“ gegenüber der Vorstellung angebracht, man könne die Zahl der Kirchenaustritte reduzieren, wenn man die Kirchensteuer reduziert, warnte der Soziologe vor zu hohen Erwartungen an eine solche Maßnahme.. „Ob religiös indifferente und kirchlich kaum verbundene Menschen, die einen beachtlichen Anteil der Kirchenmitglieder ausmachen, letztlich in der Kirche bleiben oder nicht, hängt weniger vom Geld ab als davon, inwieweit Kirchenzugehörigkeit in der Familie verankert und im sozialen Umfeld geschätzt ist.“

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hatte in einem Interview der „Welt“ vor einer Woche über Überlegungen innerhalb seiner Kirche gesprochen, ob es vernünftig sei, bei Berufseinsteigern wegen der dort besonders hohen Austrittszahlen „mit der Kirchensteuer eventuell noch zu warten oder sie zu reduzieren“.

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