Anzeige
Zwei Tage lang haben rund 150 Akteure und Verantwortliche aus allen deutschen Bistümern beim „Forum Jugendpastoral“ digital über Perspektiven der Jugendpastoral beraten. Eingeladen hatte die Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Unter anderem war Susanne Deusch dabei, die Geistliche Leiterin des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Bistum Münster. Sie zieht im Interview eine Bilanz der Tagung.
Frau Deusch, „Jugendpastoral in postchristlicher Gesellschaft“ – was heißt denn das? Interessieren sich Jugendliche überhaupt noch für christliche Themen?
Ehrlich gesagt, bin ich am Anfang über diesen Begriff gestolpert. Aber wenn wir uns die Situation anschauen, dann gibt es die Volkskirche nicht mehr. Spätestens in sieben bis zehn Jahren wird die Zahl der Christ*innen sehr deutlich zurückgehen, belegen Studien. Die Veränderung ist jetzt schon spürbar. Im Bereich der Jugendpastoral kann ich diese Tendenz in dieser Intensität aber nicht unbedingt erkennen. Besonders im Bereich der Jugendverbände beobachten wir, dass die Zahl der Mitglieder in einigen Verbänden eher leicht steigt. Vielleicht ist das auch ein Hinweis darauf, dass junge Menschen Orte suchen, an denen sie gemeinsam mit Gleichaltrigen ihre eigene Persönlichkeit und ihren Glauben leben und weiterentwickeln können. Von diesen Orten gibt es viele unterschiedliche – auch bei uns im Bistum. Wer sich an diese Orte begibt, kann beobachten und konkret erfahren, dass es nicht um das „Ob“, sondern um das „Wie“ geht. Auf den Punkt gebracht: Die Beobachtung, dass immer mehr junge Menschen nicht mehr im klassischen Gottesdienst in der Kirche vor Ort zu finden sind, verleitet vielleicht dazu, anzunehmen, dass Jugendliche kein Interesse mehr an christlichen Themen haben. Das ist ein Trugschluss und deckt sich nicht mit den Beobachtungen, die auch viele Kolleg*innen machen. Tausende junge Menschen engagieren sich ehrenamtlich in unserem Bistum, in unterschiedlichen Bereichen. Sie tun das nicht nur zum Selbstzweck, sondern aus ihrer christlichen Haltung und ihrem Glauben heraus. Unser aller Aufgabe ist es, diese jungen Menschen gut zu begleiten und ihnen Rahmenbedingungen zu bieten, damit sie ihre Haltung und ihre Lebensentwürfe entfalten können.
Das Forum Jugendpastoral hat 15 Bereiche – vom Freiwilligendienst über liturgische Bildung bis zur Offenen Kinder- und Jugendarbeit – in den Blick genommen. Wo liegen die Stärken?
Die 15 Bereiche sind zusammen gesehen ein Schatz, eine unheimliche Bereicherung, und bieten eine große Chance der Jugendpastoral in Deutschland. Jedes einzelne Feld hat seine Berechtigung und bringt die Stärke mit, junge Menschen auf verschiedene Art und Weise in ihrem Leben zu begleiten und mit ihnen zu arbeiten. Für mich persönlich gesehen war es eine Bereicherung, die vielen unterschiedlichen Einschätzungen und Erfahrungen zu hören und mit denen aus der Jugendverbandsarbeit zu vergleichen. Mit Blick auf unser Bistum kann ich sagen, dass wir in vielen Feldern der Jugendpastoral gute und qualitativ hochwertige Arbeit leisten, es sicherlich aber notwendig ist, die Zeichen der Zeit und der Zukunft noch deutlicher in den Blick zu nehmen.
Ziel des Forums war, die Ergebnisse der Weltbischofssynode zur Jugend von 2018 nachhaltig in der Jugendpastoral zu verankern. Was heißt das für das Bistum Münster konkret?
Das ist eine sehr gute Frage! Es war gut, die Ergebnisse der Jugendsynode in der Vielfalt mit dem Blick in die Zukunft zu betrachten und sich damit auseinander zu setzen. Mit Blick auf eine zukunftsfähige Jugendpastoral wird es sicherlich notwendig sein, gemeinsam mit den unterschiedlichen Akteur*innen diesen Blick zu intensivieren und daraus konkrete weitere Schritte eventueller Veränderungen abzuleiten. Im Dokument „Christus vivit“ werden mannigfache Themenfelder benannt, unter anderem die der Digitalisierung und der geistlichen Begleitung. Ich denke, dass diese Querschnittsthemen in den Überlegungen eines jeden Handlungsfelds eine bedeutende Rolle spielen werden.