Klare Erwartungen an „Sag an!“-Umfrage von Bistum Münster und BDKJ

Konkrete Taten statt heiliger Worte - Was Jugendliche von der Kirche wollen

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Anfang Juni haben sich das Bistum Münster und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in einer Internet-Umfrage an Jugendliche und junge Erwachsene des Bistums gewandt, um mehr über die Lebensgeschichten und Lebensfragen junger Menschen zu erfahren. Drei von ihnen haben "Kirche-und-Leben.de" erzählt, warum sie mitgemacht haben, warum sie die Aktion nur begrenzt gut finden - und was jetzt passieren muss.

„Die Kirche ist sehr gut im Versprechen. Sie muss aufpassen, dass die Umfrage nicht nach hinten losgeht“, bricht es aus der 16-jährigen Marie Kisse aus Münster heraus. „Wir erwarten jetzt Taten.“ „Schließlich haben wir uns die Zeit genommen und die Fragen beantwortet“, ergänzt Helena Bednorz. „Wir erwarten konkrete Schritte. Es ist jetzt an der Zeit, auf die Mitglieder zu hören und zu zeigen, dass es der Kirche wichtig ist, was die Menschen sagen.“ „Es ist ja auch unsere Kirche. Die, die da oben entscheiden, sind nur ein kleiner Teil davon“, wirft die ebenfalls 16-jährige Mirja Meise ein. „Wenn sich nichts verändert, dann lohnt sich ein weiteres Engagement nicht mehr. Dann gehe ich.“

Starke Worte dreier selbstbewusster junger Frauen. Dreier Frauen, denen ihr Glaube nicht egal ist. Die sich dieses Jahr haben firmen lassen und sich damit „bewusst für diese Kirche entschieden“ haben.

„Sag an! Du erzählst. Deine Geschichten“

Und sie haben im Zuge ihrer Firmvorbereitung in der katholischen Kirchengemeinde St. Joseph in Münster bewusst an der Umfrage „Sag an! Du erzählst. Deine Geschichten“ teilgenommen. Anfang Juni haben sich das Bistum Münster und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in einer Internet-Umfrage an Jugendliche und junge Erwachsene des Bistums gewandt, um mehr über die Lebensgeschichten und Lebensfragen junger Menschen zu erfahren.

Die Erkenntnisse sollen helfen, die Angebote der Jugendpastoral anzupassen, teilte der BDKJ mit. Die Umfrage, die mit Jahresablauf endet, stellt den Teilnehmenden Fragen zur emotionalen Situation, zu dem, was ihnen Halt gibt, und dazu, was die Kirche für junge Menschen tun kann.

Angst vor dem Tod

Der katholische Glaube ist den drei 16-jährigen Münsteranerinnen wichtig. „Er gibt mir etwas Sicherheit. Denn ich habe schon Angst vor dem Tod“, erzählt Marie mit entwaffnender Offenheit. „Die Vorstellung, dass danach nichts kommt, ist gruselig. Da gibt mir der Glaube schon Halt.“

Die anderen zwei gehen auf die bischöfliche Marienschule Münster und seien dadurch schon „christlich geprägt. Jeden Tag kommen wir mit dem Glauben in Berührung“. Der Firmunterricht hat ihnen aber noch eine neue Facette vor Augen geführt: die Gemeinschaft. „Wir sind mit anderen Jugendlichen in Kontakt gekommen, denen der Glaube auch nicht egal ist. Unser Glaube hat uns verbunden.“ Und die Erkenntnis „ich bin mit meinem Glauben nicht allein. Die anderen ticken auch so“, war schon „toll“.

„Schwierig, wie Kirche gerade läuft“

Glaube ja, aber mit der „Institution Kirche“ haben die drei so ihre Schwierigkeiten. „Der Glaube ist mir wichtig“, betont Marie. „Aber mit dem, was die Kirche tut, bin ich nicht wirklich einverstanden.“

Den Umgang mit der Rolle der Frau, die Einstellung der Amtskirche zur Sexualität kann sie nicht verstehen. Auch Mirja findet „es schwierig, wie Kirche gerade läuft.“ Dabei solle sie doch ein Rettungsanker in schwierigen Situationen sein.

"Fragen treffen den Kontext nicht"

Umso mehr haben sich die jungen Frauen über die „Sag an!“-Umfrage gefreut. „Es ist toll, dass wir die Möglichkeit haben, unsere Meinung zu äußern, die das Bistum dann auch direkt erreicht“, sagt Marie. Und Helena betonte, dass es wichtig sei, sich einzubringen. „Denn nur so bewirkt man etwas. Die Umfrage ist der erste Schritt in die richtige Richtung.“ Die Fragen seien so gestellt gewesen, dass man sich frei äußern konnte. „Das war gut“, betont Helena.

„Aber irgendwie haben sie den Kontext nicht getroffen.“ „Was haben die Gefühle mit meinem Bezug zur Kirche zu tun?“, fragt sich Mirja. Die drei hätten sich konkretere Fragen gewünscht, wie: Was ist denn eigentlich deine Kritik an der Kirche? Was erwartest du? „Wie wir das in der Firmvorbereitung gemacht haben“, betont Marie. Direkte, konkrete Fragen, statt „schwammige“ allgemeine. Auch fehlte ihnen eine Plattform, um sich mit anderen austauschen zu können.

"Umfrage darf kein Alibi sein"

So schwammig die Fragen waren, so konkret sind die Erwartungen an die Umfrage. „Erst einmal erwarten wir natürlich, dass die Ergebnisse veröffentlicht werden“, erklärt Helena. „Und dass dann entsprechend der Ergebnisse gehandelt wird und die Forderungen umgesetzt werden.“ „Nicht, dass die Umfrage nur alibimäßig gestartet wurde und folgenlos bleibt“, ergänzt Mirja. „Das wurde lange genug gemacht.“

Das Thema Gleichberechtigung gehört für die drei ganz oben auf die kirchliche To-do-Liste. „Du bist in der Kirche nicht akzeptiert als Frau. Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter!“, bricht es aus Marie heraus. „Ich erwarte, dass die Kirche, die Werte, die sie bei uns anlegt, bei sich selber auch umsetzt“, fordert Helena. „Die Grundrechte werden nicht angewandt. Das Geschlecht steht immer noch über dem Wert.“ „Drei Mädchen haben die Begrüßungsworte in den Firmgottesdiensten gesprochen“, berichtet Mirja. „Kein Junge war beteiligt. Und trotzdem sind wir nicht repräsentiert. 50 Prozent der Gläubigen werden so schlicht ignoriert. Das ist doch nicht mehr zeitgemäß.“

"Keine Kirche von oben herab"

Gleichzeitig rufen sie dazu auf, den Jüngeren mehr zuzutrauen, ihnen mehr Verantwortung zu übertragen, sie mehr einzubinden und zu beteiligen. Auch in den Gottesdiensten. „Dass jeder sich einbringen kann und nicht nur schweigende Masse ist“, so Marie. Dadurch entstünde eine „echte Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt“.

„Eine Kirche der Beteiligung, egal welchen Geschlechts und Sexualität“, das wünschen sich die drei. Eine Kirche für alle. Modern gestaltet, nicht von vorne, nicht von oben herab. Eine Kirche, in der der „Glaube an Gott“ das verbindende Element sei. Sagt an Bistum Münster und BDKJ. Die Erwartungen sind groß.

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