Expertin Anna Grebe fordert mehr Kooperation unter Trägern

Katholische Jugendarbeit muss raus aus der Kirchengemeinde gehen

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In der dritten Veranstaltung der Reihe „Wendepunkt Corona: ausgebremst. herausgefordert.“ des Bistums Münster und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) widmet sich die Berliner Medienwissenschaftlerin Anna Grebe der Frage, warum katholische Jugendarbeit für die und mit der „Generation Corona“ politischer werden muss.

Anna Grebe hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema Partizipation von Kindern und Jugendlichen auseinandergesetzt. In der katholischen Kinder- und Jugendverbandsarbeit ist sie selbst seit ihrem neunten Lebensjahr aktiv. In diesem Frühjahr wurde sie als Einzelpersönlichkeit ins Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gewählt.

Was genau meinen Sie damit, dass die Jugendarbeit politischer werden muss?

In der katholischen Jugendarbeit wird insgesamt sehr gute Arbeit geleistet. Aber die Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhängen zu vertreten, kommt oft zu kurz. Das war schon vor Corona so, aber die Pandemie hat noch deutlicher als zuvor gemacht, dass die gesellschaftlichen Bedürfnisse von jungen Menschen auf einem sehr wackligen Fundament stehen. Sie werden in erster Linie als Schülerinnen und Schüler gesehen, denen man schnell viel Wissen beibringen muss. Dieses Bild von Jugend muss nachjustiert werden. Heißt Jugend nicht auch, diese Zeit zu nutzen, um sich auszuprobieren, Freiräume zu nutzen, sich zu verselbstständigen, dabei vielleicht auch hinzufallen, Fehler zu machen?

Und das kam während der Corona-Pandemie zu kurz?

Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie, aber auch schon davor, nicht gerade den größten Joker gezogen. Corona hat viele Dinge verstärkt und sichtbarer gemacht. Aber wir können nicht davon ausgehen, dass alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen unter der Pandemie gelitten haben. Marginalisierte Kinder und Jugendliche haben definitiv größere Nachteile daraus gezogen als andere. Die Ungerechtigkeiten haben sich verstärkt.

Wie kann die katholische Jugendarbeit hier helfen? 

Sie muss sich viel stärker für Kooperationen öffnen, mit anderen Trägern zusammenarbeiten, aber auch den Lebensorten der Kinder und Jugendlichen, also der Kommune und der Schule. Die große Chance für die Jugendarbeit ist jetzt: Wir können das Experiment wagen, aufsuchend und an neuen Orten tätig zu sein. Rausgehen aus der Kirchengemeinde, an die Orte, wo Kinder und Jugendliche sind, und endlich wirklich für Beteiligung einstehen!

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