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Anders als staatliche Schulen müssen freie wie etwa kirchliche ihre Schulen mitfinanzieren, etwa durch Kirchensteuern. In Niedersachsen allerdings deutlich mehr als etwa in NRW. Das ist nicht nur ungerecht, sondern kann richtig schiefgehen, erklärt Uwe Kathmann von der Schulstiftung St.-Benedikt in Vechta.
Herr Kathmann, warum ist der derzeitige Umgang des Landes Niedersachsen mit den Freien Schulen, und damit auch den bischöflichen Schulen im Offizialatsbezirk, nicht fair?
Weil wir keine auskömmliche Finanzierung für unsere anerkannt guten Schulen bekommen, obwohl wir die gleiche Arbeit machen. Wie staatliche Schulen auch kümmern wir uns um jede Schülerin und jeden Schüler, egal wo sie herkommen, egal welcher Religion sie angehören. Aber wir müssen immer mehr Geld zuschießen. Nur noch 60 Prozent der Kosten sind durch öffentliche Finanzhilfen gedeckt. Zum Vergleich: In NRW sind es 85 Prozent, in Sachsen sogar 95 Prozent. Und die Schere zwischen Kosten und Finanzhilfe geht immer weiter auseinander.
Woher kommen bei den kirchlichen Schulen in Niedersachsen die fehlenden Mittel?
Aus Elternbeiträgen und aus Kirchensteuern. Bereits jetzt schießt die Kirche im niedersächsischen Teil des Bistums Münster aus dem Offizialatshaushalt 8,5 Millionen Euro im Jahr zu - allein für den laufenden Betrieb. Aber die Kirchensteuermittel gehen auf Dauer eher zurück. Und Elternbeiträge lassen sich nicht beliebig erhöhen.
Wie hoch liegen die Elternbeiträge der bischöflichen Schulen derzeit?
Für das erste Kind auf einem bischöflichen Gymnasium bei rund 70 Euro. Bei uns gilt aber der Grundsatz: Jede Familie muss sich für ihre Kinder den Besuch einer kirchlichen Schule leisten können. Und wenn eine Familie Schwierigkeiten hat, werden wir eine Lösung finden.
Warum kommt die Kritik am Land gerade jetzt so deutlich?
Uwe Kathmann ist Vorstand der Schulstiftung St. Benedikt, Trägergesellschaft der bischöflichen Schulen im Offizialatsbezirk Oldenburg. | Foto: Ludger Heuer (Schulstiftung St. Benedikt)
Weil sich gerade in den letzten beiden Jahren die Situation noch deutlich verschlechtert hat, besonders aufgrund der Kostensteigerungen durch die Inflation oder zum Beispiel auch durch die Coronaprämie, die die Träger selbst übernehmen mussten. Die Förderung durch das Land ist nicht in gleichem Maß mitgegangen, sodass eine wachsende Lücke klafft.
Was wäre die Folge, wenn das so bleibt?
Dass wir die gute Qualität, die wir im Moment bieten, auf Dauer nicht aufrechterhalten können. Die hohe Nachfrage nach unseren Schulen zeigt ja, wie gut wir sind. Aber das könnten wir möglicherweise nicht langfristig garantieren.
Was hat das Land Niedersachsen von kirchlichen Schulen?
Ohne freie Schulen würde eine wichtige Alternative in der Schullandschaft verloren gehen und damit die Wahlmöglichkeit für Eltern bei der Suche nach der richtigen Schule für ihr Kind. Neben der hohen Qualität gehört dazu auch die bereichernde Innovationskraft unserer Schulen. Sie waren und sind schließlich in vielen Bereichen Vorreiter, etwa mit den innovativen Schulkonzepten unserer Oberschulen mit gebundenem Ganztag oder fächerverbindendem Unterricht. Aber es würde auch teurer werden. Denn das Land müsste es selbst die Versorgung unserer rund 5.500 Schülerinnen und Schüler sicherstellen – ohne den Eigenanteil der Kirche und ohne Elternbeiträge. Land und Kommunen müssten dann ja selbst die 40 Prozent der Kosten übernehmen. Das kann aber doch weder das Ziel des Landes sein noch der Kommunen.
Was fordern Sie genau?
Eine faire Finanzierung unserer Schulen aufgrund transparenter Kostenberechnung. Grundlage müssen dabei die Kosten sein, die das Land Niedersachsen pro Kopf für die Schülerinnen und Schüler an seinen Schulen ausgibt. Diese Kosten kennen wir aber nicht, da das Land sie nicht benennt.
Bei Ihren Forderungen an einen fairen Umgang mit freien Schulen geht es aber nicht nur ums Geld?
Nein. Freie Schulen sind zum Beispiel auch in anderen Bereichen im Nachteil, etwa bei Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte. Da können unsere Lehrkräfte zwar grundsätzlich teilnehmen, allerdings nur, wenn noch Plätze frei sind. Wir müssen uns also immer ganz hinten in der Schlange anstellen und hoffen, dass Plätze übrigbleiben.
Vertreter Freier Schulen treffen sich in Vechta
Am 21. September reffen sich Vertreter von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Niedersachsen im bischöflichen Gymnasium Liebfrauenschule in Vechta zur Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Niedersachsens (AGFS). Dabei wird auch die Finanzsituation der Schulen Thema sein. In der AGFS sind mehr als 120 Schulen mit insgesamt rund 40.000 Schülerinnen und Schülern organisiert. Etwa 5.500 Schülerinnen und Schüler besuchen die bischöflichen Schulen im niedersächsischen Teil des Bistums Münster. Dazu zählen vier Gymnasien und Oberschulen in Wilhelmshaven, Oldenburg, Cloppenburg und Vechta sowie die Berufsbildenden Schulen Marienhain in Vechta. Rund 600 Lehrkräfte und weitere Mitarbeitende stellen den Schulbetrieb dort sicher.