Wilhelm Hinkelmann führte Einrichtung in Hamm

Langjähriger Hospiz-Chef fordert: „Wir brauchen mehr Hospizplätze“

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Mehr als 23 Jahre hat Wilhelm Hinkelmann das „Christliche Hospiz“ in Hamm als Geschäftsführer ehrenamtlich geleitet. Seine Verabschiedung hat er mit einer klaren Botschaft verbunden.

Die Vertreter von Kranken- und Pflegekassen in Westfalen hatten mit Wilhelm Hinkelmann einen versierten Verhandlungspartner gehabt, wenn es darum ging, die Finanzierung des „Christlichen Hospizes“ in Hamm mit seinen acht Plätzen zu sichern. „Es sind regelmäßig Pflegesatzverhandlungen mit den Kassen zu führen. Wenn es zum Vertragsabschluss und die Rahmenvereinbarung über die Übernahme der Sachkosten kommt, müssen alle Kassen unterschreiben“, sagt Wilhelm Hinkelmann.

Mehr als 23 Jahre hat Hinkelmann die Geschicke des ökumenischen Hospizes als ehrenamtlicher Geschäftsführer geleitet. Vor wenigen Wochen hat der 78-Jährige sein Amt nicht nur in jüngere, sondern auch in hauptamtliche Hände gelegt.

Hospizplätze fehlen in ganz Deutschland

„Ich hätte mir noch die Aufstockung des Hospizes auf zwölf Plätze gewünscht. Auch hier sind Verhandlungen mit den Kassen notwendig. Die Hospizarbeit findet allgemein hohe Anerkennung. Wenn es aber um die Kostenübernahmen geht, verlaufen die Gespräche in eine andere Richtung. Dann heißt es: Die Kosten sind so hoch“, sagt Hinkelmann.

In Deutschland fehlten in allen Regionen Hospizplätze, so seine Einschätzung. „Wir brauchen also mehr Hospize. Die bisherigen Plätze reichen nicht aus. Es gibt Wartelisten, und bei Menschen in ihrer letzten Lebensphase“, sagt Hinkelmann.

Hospize ermöglichen Sterben in Würde

Eine älter werdende Gesellschaft mit vielen Single-Haushalten werde die Nachfrage nach Hospizplätzen weiter erhöhen. „Nicht alle Menschen können zuhause in der letzten Lebensphase würdevoll begleitet werden. Wenn Angehörige fehlen oder diese nicht vor Ort sind, ist ein Hospizplatz oft die einzige Möglichkeit, in Würde zu sterben“, sagt Hinkelmann.

Das Krankenhaus sei nicht der Sterbeort, wo Begleitung erfahren werde: „Im Hospiz geht es um die menschenbezogene Pflege, die letzte Pflege, im Krankenhaus wird die technikbezogene Pflege gewährleistet“, bringt es Hinkelmann auf den Punkt. Und immer wieder drehe sich die Frage um die Kosten: „Ein Platz im Hospiz kostet der Pflegekasse 600 Euro pro Tag.“

Übernahme der „letzten Pflege“

Bevor ein sterbender Mensch in ein Hospiz aufgenommen werden könne, benötige man die Empfehlung durch Ärzte. Die Krankenkassen prüften die Übernahme der Kosten. Es werde abgefragt, ob nicht Kinder und Angehörige die „letzte Pflege“ übernehmen könnten.

Der im Hammer Ortsteil Bockum-Hövel lebende Hinkelmann kennt das Gesundheitswesen seit mehr als 50 Jahren. Er war viele Jahre Geschäftsführer der St.-Barbara-Klinik in Hamm-Heessen, des St.-Franziskus-Hospitals in Ahlen und des St.-Elisabeth-Hospitals in Beckum und gehörte dem Vorstand der St.-Franziskus-Stiftung Münster an, der mit 15 Hospitälern und mehreren weiteren Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens größten konfessionellen Krankenhausträgerin in Nordwestdeutschland. In der Stiftung leitete Hinkelmann die Bereiche Personal und Finanzen.

Hospize sind auf Spenden angewiesen

Im Spagat zwischen Ethik und Kosten, zwischen professioneller Hilfe und ehrenamtlichem Dienst am Nächsten hat es das 2003 errichtete „Christliche Hospiz“ bis heute immer geschafft, viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den ambulanten Hospizdienst zu gewinnen und über einen Förderverein die notwendige Eigenleistung für den Betrieb der stationären Einrichtung zu garantieren.

Die Krankenkassen und die Pflegeversicherung tragen 95 Prozent der Kosten für den Hospizaufenthalt. Die verbleibenden fünf Prozent müssen durch Spenden finanziert werden.

Förderverein hilft Hammer Hospiz

Wilhelm Hinkelmann zeigt einen Zeitungsausschnitt über die Grundsteinlegung des Hospizes in Hamm aus dem Jahr 2002 mit der Schlagzeile: „Ein Traum wird wahr“. | Foto: Johannes Bernard
Wilhelm Hinkelmann zeigt einen Zeitungsausschnitt über die Grundsteinlegung des Hospizes in Hamm aus dem Jahr 2002 mit der Schlagzeile: „Ein Traum wird wahr“. | Foto: Johannes Bernard

„Unser Förderverein hat es immer geschafft, die notwendigen Spenden zu sammeln“, sagt Hinkelmann. Der Eigenanteil für das Hammer Hospiz beträgt jährlich rund 63.000 Euro. Dank vieler Zuwendungen mehrerer Stiftungen, von Krankenhäusern und den evangelischen und katholischen Kirchen gebe es Einnahmen pro Jahr von rund 120.000 Euro, die es ermöglichten, „einen guten Personalschlüssel zu finanzieren, der über dem Standard liegt“, sagt der Gesundheitsexperte.

In Hamm gebe es diesen Zusammenhalt. Der Förderverein werde von vielen unterstützt: von Firmen und Betrieben, von Politikern und vielen Einzelpersonen. „Der Förderverein ist breit aufgestellt.“

Für private Investoren unattraktiv

Einen Eigenanteil aufbringen zu müssen, sieht Hinkelmann aber auch positiv: „Auch wenn die Finanzierung eines Hospizes auf Spenden angewiesen ist und deshalb jedes Jahr für diesen Dienst geworben werden muss, so hat es immer auch die privaten Investoren verhindert, die ein Hospiz nur aus einem Gewinnstreben heraus betreiben würden.“

Stolz ist Hinkelmann auf den Ambulanten Hospizdienst Hamm, der zu einem der größten Dienste in Nordrhein-Westfalen gewachsen ist. Der Kreis von mehr als hundert freiwillig engagierten Hospizbegleiterinnen und – begleitern sowie fünf Koordinatorinnen unterstützt schwerkranke Menschen in ihrem Wunsch, ihre letzte Lebenszeit möglichst selbstbestimmt und in vertrauter Umgebung zu verbringen.

Ökumenische Zusammenarbeit

Um ein stationäres Hospiz bauen zu können, einen Förderverein und die betriebswirtschaftliche Herausforderung zu meistern, brauche es ein Zusammenwirken vieler Kräfte und die Kraft einer Idee, meint Hinkelmann.

In Hamm ist das auf ökumenischer Basis gelungen. Die Einrichtung wird von den beiden christlichen Kirchen sowie den Hammer Krankenhäusern, dem Caritasverband und der Diakonie Ruhr-Hellweg getragen.

Schüler gab Anstoß für ein Hospiz

Impulsgeber für die stationäre Sterbebegleitung und den Aufbau der Hospizbewegung war ein Berufsschüler: Es war in einer Religionsstunde Mitte der 1980er Jahre. Pfarrer Paul Blätgen, Schulpfarrer des Evangelischen Kirchenkreises, diskutierte mit seinen Schülern über Euthanasie, Sterben und Tod. „Die Euthanasie wäre kein Thema, wenn es genügend Hospize gäbe“, warf ein Junge ein. Diese Feststellung machte Blätgen nachdenklich. Die Idee für ein Hospiz war geboren.

1993 fanden sich in Hamm zunächst etwa 20 Frauen und Männer zusammen, die sterbende Menschen begleiten wollten. Später wurde das Bauvorhaben für ein Hospiz auf dem Areal „Am Roten Läppchen“ an der Dolberger Straße konkret. Eröffnet wurde das Hospiz schließlich im Dezember 2003.

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