Die Lage in der Landwirtschaft (3) - Schrammenbruchs Hof in Birten

Milch direkt vom Bauern - wie ein Hof in Xanten gegen die Krise kämpft

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Die Folgen von Corona, Ukraine-Krieg und Dürre setzen den Bauern zu – dabei hatten sie schon zuvor genug Sorgen. Wir fragen in dieser Woche: Wie ist die Lage in der Landwirtschaft? In Xanten-Birten bewirtschaftet Tobias Brammen einen Milchviehbetrieb. Der Junglandwirt schaut mit gemischten Gefühlen in die Zukunft.

Bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs sei er wirtschaftlich klargekommen. Doch diese Krise habe die kolossalen Preiserhöhungen und damit die Inflation hervorgerufen, die für ihn durchaus belastend seien, sagt Tobias Brammen. Der Landwirt mit Milchviehbetrieb blickt sorgenvoll in die Zukunft.

Die Spritpreise, die Preise für Energie, für Futtermittel und Getreide sind drastisch gestiegen. „Der Kunstdünger ist von 20 Euro pro Tonne in kurzer Zeit auf 70 Euro gestiegen“, sagt der 29-jährige Betriebsleiter des Schrammenbruchs Hof in Xanten-Birten. Für den Landwirt Brammen sind die gestiegenen Sprit- und Gaskosten ein Posten, der ins Gewicht fällt. „Die Kostenexplosion fängt man nicht mal ebenso auf“, sagt er.

Futtermittel deutlich teurer

Auch der Getreidepreis ist von 20 Euro im letzten Jahr auf 40 Euro pro Doppelzentner geklettert. Den Preisanstieg hat nach seinen Worten die Verknappung von Getreide auf dem Weltmarkt hervorgerufen. Die Verknappung sei wiederum eine Folge des Ukraine-Krieges, erklärt der 29-Jährige. Denn die Ukraine, für viele Länder eine Kornkammer, konnte bis vor Kurzem ihre Bestände nicht ausführen.

„Auch wir müssen jetzt für Saatgetreide und Futtermittel unter dem Strich deutlich mehr Geld ausgeben, obwohl wir wegen des Anbaus von Getreide von der Erhöhung des Preises profitieren“, erläutert er. Selbst für die Gülle, die er bis vor der Krise kostenlos von benachbarten Bauern bekam, muss er nun zahlen. „Die organische Gülle wird anstelle des Düngers aufs Feld gegeben. So viel, wie man darf. Der Wert ist deutlich gestiegen“, meint er.

Situation für Milchbauern aktuell günstig

Milchtankstelle
Die Selbstvermarktung von frischer Milch ist ein wichtiges wirtschaftliches Standbein. | Foto: Jürgen Kappel

Man merke, so der Junglandwirt, dass die Menschen in Deutschland weniger Geld für Lebensmittel ausgeben, weil die Benzin- und Energiekosten gestiegen seien. „An den Lebensmitteln wird zuerst gespart“, behauptet Brammen. Das sei in anderen Ländern wie Italien und Frankreich durchaus anders. „Dort ist die Wertschätzung für gute Lebensmittel höher“, meint er. 

Doch dann bricht wieder sein Optimismus durch. „Es gab immer schlechte und gute Jahre“, meint er. „Für uns Milchbauern ist die Situation im Vergleich zu den Schweinezüchtern günstig“, schätzt der 29-Jährige die Marktlage ein. „Die Milchpreise sind mit den anderen Lebensmittelpreisen angestiegen. Die Fleischpreise nicht.“ Brammen ist überzeugt: Ohne Landwirtschaft geht es nicht. „Essen müssen alle. Vegetarier und Fleischesser. Auch die Industrie braucht Produkte aus der Landwirtschaft.“

Selbstvermarktung als zweites Standbein

Um die Einnahmen für den Hof zu erhöhen, hat er 2014 ein zweites Standbein, die Selbstvermarktung, eingeführt. Neben dem Verkauf von Eiern und Kartoffeln gibt es an seinem Hof frische Milch, bei „der noch alles drin ist“. Der Hof ist bekannt für seine Milchtankstelle, er habe viele Stammkunden.

Tobias Brammen hat den Hof im vergangenen Jahr von seinem Vater übernommen. Er ist das jüngste Kind von insgesamt vier Geschwistern. Früh war klar, dass er den Hof übernehmen würde. Seine älteren Brüder hatten nicht das Interesse, und die älteste Schwester, die Agrarwirtschaft studiert hat, bewirtschaftet einen Hof in Wesel. Seine Eltern arbeiten als Rentner mit auf dem Hof. Seine Frau, die als Zahnarzthelferin berufstätig ist, übernimmt ebenfalls noch Aufgaben im bäuerlichen Betrieb. „Alleine ist die Arbeit auf dem Hof nicht zu schaffen. Andernfalls müsste ich eine Arbeitskraft einstellen“, sagt er. „Das rechnet sich nicht.“

Weitere Arbeitskraft rechnet sich nicht

Sein Hof hat eine mittlere Größe: Zweimal täglich werden 80 Kühe gemolken, die bewirtschaftete Fläche umfasst 70 Hektar, davon 35 Hektar Grünfläche, auf der die Tiere weiden und 35 Hektar Ackerfläche. Denkt er über zukünftige Investitionen nach, will er vor allem die tägliche Arbeit erleichtern. Zum Beispiel denkt er darüber nach, einen Melkroboter zu kaufen. „Die Arbeit muss leichter von der Hand gehen, ich muss sie in Zukunft auch alleine schaffen, um zeitlich mobiler zu werden“, sagt er.

Landwirt war immer sein Traumberuf. „Ich war immer der erste Ansprechpartner für Papa, wenn auf dem Hof etwas zu tun war“, erinnert er sich. Schon mit sechs Jahren ist er Traktor gefahren – natürlich mit seinem Vater oder Opa. Mit 15 Jahren bekam er eine Sondergenehmigung für den Trecker-Führerschein. Nach der Mittleren Reife, einer dreijährigen landwirtschaftlichen Lehre und einer zweijährigen landwirtschaftlichen Vollzeitschule ist er heute Agrarbetriebswirt und Betriebsleiter. Nicht ohne Stolz auf das Erreichte blickt Tobias Brammen optimistisch in die Zukunft.

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