Datengrundlage, Perspektive, Auftraggeber

Missbrauch: Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Kirchen-Studien

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Beide großen Kirchen haben sexualisierte Gewalt in ihrem Umfeld untersuchen lassen. Es gibt aber große Unterschiede zwischen der MHG-Studie der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der ForuM-Studie, die am heutigen Donnerstag für die evangelische Kirche vorgestellt wird.

Die vor fünf Jahren veröffentlichte MHG-Studie der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und die ForuM-Studie zum Missbrauch in der evangelischen Kirche lassen sich nur bedingt vergleichen. Ziel ist jeweils, Umfang und Strukturen des Missbrauchs in katholischer und evangelischer Kirche zu ermitteln. Die Kirchen sind auch Auftraggeber der Studien.

Bei beiden Untersuchungen handelt es sich im quantitativen Teil um sogenannte Hellfeldstudien, in denen nur von den Kirchen zur Verfügung gestellte Akten herangezogen wurden. Schon jetzt ist bekannt, dass die Datengrundlage der ForuM-Studie sehr viel kleiner war als bei der MHG-Studie, für die rund 38.000 Personalakten ausgewertet wurden. In beiden Studien dürfte das Dunkelfeld sehr viel höher liegen.

Untersuchungszeitraum ist ähnlich

Beide Studien umfassen mehrere Teile. Ähnlich ist der Untersuchungszeitraum, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs beginnt und bis in die jüngste Vergangenheit reicht.

Allerdings umfasst die MHG-Studie nur die Taten von Priestern, Diakonen und männlichen Ordensleuten, während die ForuM-Studie auch Taten ehrenamtlicher Mitarbeitenderuntersucht und die Einrichtungen der Diakonie einbezieht. Einrichtungen der Caritas waren auf katholischer Seite nicht Thema.

Bei der evangelischen Studie wirkten Betroffene mit

Auch wurden Betroffene bei der ForuM-Studie nach Angaben des Forscherverbunds stärker beteiligt. Sie wurden demnach nicht nur befragt, sondern konnten auch selbst etwa am Erstellen von Fragebögen mitwirken.

Verbundskoordinator der MHG-Studie war der Mannheimer Wissenschaftler Harald Dreßing. An der ForuM-Studie ist er ebenfalls beteiligt. Zuständig ist er dort für den quantitativen Teil der Studie.

Unterschiedliche Teilprojekte

Projektleiter der ForuM-Studie ist der Hannoveraner Wissenschaftler Martin Wazlawik. Bei der ForuM-Studie ist der Forscherverbund auch der Einladende zur öffentlichen Vorstellung der Untersuchung, bei der MHG-Studie war es die Bischofskonferenz.

Auch der Aufbau der Studien ist unterschiedlich: Die MHG-Studie besteht aus sieben Teilprojekten, die ForuM-Studie aus fünf. Während die zuletzt genannte Untersuchung stärker die Betroffenenperspektive im Blick hat, war es bei der MHG-Studie stärker der Blick auf die Täter.

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