Assenmacher: Taten im Erzbistum Köln hätten vermieden werden können

Missbrauchsprozess gegen Pfarrer U.: Ex-Kirchenrichter gesteht Fehler ein

  • Im Missbrauchsprozess gegen Pfarrer U. hat Ex-Kirchenrichter Günter Assenmacher Fehler eingeräumt.
  • 2010 hätte es in dem Fall eine Meldung an den Vatikan geben müssen, gestand Zeuge Assenmacher.
  • Assenmacher erklärte, dass das Erzbistum Köln weitere Missbrauchstaten hätte verhindern können.

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Der frühere oberste Kölner Kirchenrichter Günter Assenmacher (69) hat erneut seine Zuständigkeit bei der Bearbeitung von Missbrauchsfällen zurückgewiesen. Bei seiner zweiten Vernehmung als Zeuge im Missbrauchsprozess gegen den katholischen Priester U. vor dem Landgericht Köln räumte er am Dienstag zugleich ein, dass es 2010 in dem Fall eine Meldung an den Vatikan hätte geben müssen. Damals war U. erstmals wegen Missbrauchs angezeigt worden.

Nach anderthalb Stunden Befragung machte Assenmacher ein weiteres Zugeständnis: Wenn sich das Erzbistum mehr um Aufklärung bemüht hätte, wären spätere mögliche Taten wohl vermieden worden. „Das tut mir auch leid, dass das nicht so geschehen ist, aber keiner von uns kann die Uhr zurückdrehen“, sagte der Kirchenrechtler vor anwesenden mutmaßlichen Betroffenen.

U. arbeitet nach erster Anzeige wieder

U. steht vor Gericht, weil er in den 1990er Jahren seine drei minderjährigen Nichten zum Teil schwer missbraucht und sich 2011 an einem elfjährigen Mädchen vergangen haben soll. Als Zeuginnen sagen zudem vier weitere mutmaßliche Opfer aus. Noch ist offen, ob deren nicht verjährte Vorwürfe in den laufenden Prozess eingeführt werden oder ob es ein eigenes Verfahren gibt.

Als 2010 die erste Anzeige gegen U. vorlag, beurlaubte das Erzbistum Köln den Geistlichen zunächst. Nachdem die Anzeige aber zurückgezogen wurde und die Staatsanwaltschaft ihr Verfahren einstellte, durfte er wieder als Krankenhauspfarrer in Wuppertal arbeiten. Bei dieser Tätigkeit hatte er wohl auch wieder Kontakt zu Kindern und Jugendlichen. Es soll Auffälligkeiten in der Kinderstation gegeben haben, erklärte Richter Christoph Kaufmann. So sollen Mitarbeitende vor U. gewarnt haben. Laut Assenmacher ging das Erzbistum davon aus, dass im Krankenhaus kaum Missbrauch begangen werden könne. Von den Warnungen habe er nichts gewusst.

U. habe 2010 Vorwürfe abgestritten

Zunächst verzichtete das Erzbistum auf weitere Maßnahmen und meldete die Vorwürfe auch nicht an den Vatikan. 2018 rollte es den Fall jedoch im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung wieder auf, meldete ihn an die Behörden und untersagte U. priesterliche Dienste. Schließlich klagte die Staatsanwaltschaft den früheren Pfarrer an.

Assenmachers erste Zeugenaussage vor zwei Wochen musste aus Termingründen unterbrochen werden. Am Dienstag betonte er erneut, U. habe 2010 alle Vorwürfe abgestritten und die Nichten hätten sich seines Wissens nach an einem kirchenrechtlichen Verfahren nicht beteiligen wollen. Zwar hätten schwerwiegende und plausible Vorwürfe gegen U. im Raum gestanden. Andererseits könnten derartige Vorwürfe heutzutage auch einfach mithilfe einer Internetrecherche zusammengeschrieben werden. Es gebe wohl auch Menschen, die auf diese „Tour“ zu Geld gekommen seien – also zu kirchlichen Anerkennungszahlungen für Missbrauchsbetroffene. „Wenn man mit Geld winkt, muss man auch immer damit rechnen, dass die falschen Leute sich melden“, so der Kirchenrechtler.

Erzbischof Heße räumt Fehler ein

Ein Aufarbeitungsgutachten wirft Assenmacher Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen vor. Kardinal Rainer Maria Woelki beurlaubte ihn daher im vergangenen März. Später gab Assenmacher die Leitung des Kirchengerichts auf – den Angaben zufolge nach einem einvernehmlichen Gespräch mit Woelki.

Vergangene Woche hatte das Gericht zudem den Hamburger Erzbischof Stefan Heße (55) vernommen, der 2010 und 2011 als Kölner Personalchef ebenfalls mit U. befasst war. Heße räumte Fehler im Umgang mit dem Fall ein.

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