Bischöfe fordern zur Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland auf

Moria: Wachsende Kritik der Kirchen an EU-Flüchtlingspolitik

  • Nach dem Brand im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos wächst die Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik.
  • Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki fordert, Betroffene aus Moria in Deutschland aufzunehmen.
  • Die evangelischen Bischöfinnen und Bischöfe rufen in einem gemeinsamen Appell dazu auf, die Aufnahme-Angebote von Bundesländern und Kommunen anzunehmen.

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Nach dem Brand im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos wächst die Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik. Hilfswerke und Kirchenvertreter warfen den politisch Verantwortlichen am Mittwoch Untätigkeit vor. Die Bundesregierung bekräftigte unterdessen, weiter nach einer gemeinsamen europäischen Lösung zu suchen. Deutschland hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.

In der Nacht zum Mittwoch war das für rund 3.000 Menschen ausgelegte Lager Moria nahezu komplett niedergebrannt. Wie es zu dem Feuer kam, ist noch unklar. Zuletzt lebten schätzungsweise 12.000 Flüchtlinge in und um Moria. Viele Menschen flohen laut Angaben von Augenzeugen in Panik; manche versuchten, sich in der nahe gelegenen Stadt Mytilini in Sicherheit zu bringen. Helfer sprachen von dramatischen Situationen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte an, Griechenland bei der Bewältigung der Krise helfen zu wollen. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) nannte die Katastrophe einen „Weckruf“, um auf europäischer Ebene bei der Flüchtlingsfrage weiter voranzugehen.

 

Druck auf Seehofer wächst

 

Aus den Bundesländern wächst unterdessen der Druck auf Seehofer, einer Aufnahme von Flüchtlingen auf Länderebene zuzustimmen. Thüringen sei bereit, seinen Anteil sofort zu realisieren, sagte der dortige Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dem „Spiegel“.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte, sein Land habe schon vor geraumer Zeit das Angebot gemacht, eine größere Zahl von Geflüchteten aus Moria aufzunehmen. „Uns sind aber aus rechtlichen Gründen die Hände gebunden.“ Brandenburgs Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) rief Berlin auf, die Wege dafür frei zu machen, dass sich Deutschland an der Evakuierung des Flüchtlingslagers beteiligen könne.

Bestürzt zeigte sich Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. „Mit dem abgebrannten Lager zerfallen auch die europäischen Werte der Menschlichkeit und Humanität zu Asche“, sagte Roth der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

 

Appell aller evangelischen Bischöfinnen und Bischöfe

 

Hilfsorganisationen und Kirchenvertreter forderten rasche Hilfe für die Flüchtlinge. Der Hamburger katholische Erzbischof Stefan Heße sprach von einer „Katastrophe mit Ansage“. Die mit Lagern wie Moria verfolgte „Politik der Abschreckung“ gehe auf Kosten der Menschlichkeit, so der Flüchtlingsbischof der Deutschen Bischofskonferenz. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki forderte, Betroffene aus Moria in Deutschland aufzunehmen.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, mahnte schnelle und dauerhafte Hilfen an. Die evangelischen Bischöfinnen und Bischöfe riefen in einem gemeinsamen Appell dazu auf, die Aufnahme-Angebote von Bundesländern und Kommunen anzunehmen. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, regte an, Flüchtlinge aus Moria auf in nahe gelegenen Häfen liegenden Kreuzfahrtschiffen unterzubringen und zu versorgen.

 

Hilfswerke: Überfüllte Lager schließen

 

Die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio, die bei Krisen und Konflikten international als Mittler agiert, appellierte an die Aufnahmebereitschaft von anderen europäischen Ländern. Caritas International stellte 50.000 Euro Soforthilfe bereit.

Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Hilfswerke Diakonie Katastrophenhilfe und Brot für die Welt, verlangte von der Bundesregierung, endlich dafür zu sorgen, „dass alle überfüllten Lager in Griechenland planvoll geschlossen und die Flüchtlinge in Europa menschenwürdig untergebracht werden“.

Unterdessen teilte die EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, via Twitter mit, dass die EU den Transfer von 400 unbegleiteten Kindern und Jugendlichen auf das europäische Festland finanzieren wolle. Europaparlamentarier verschiedener Parteien wollten sich am Mittwochabend vor dem Europaparlament in Brüssel versammeln, um die Mitgliedstaaten aufzufordern, eine Lösung für die Menschen in Moria zu finden.

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