Couragierte Ordensfrau lebte zeitweise in Flüchtlingsunterkunft mit

32 Jahre für Caritas und Flüchtlinge: Schwester Stefanie verlässt Herten

  • Sie hat in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt, um den Menschen nahe zu sein: In Herten ist Schwester Stefanie Müllenborn bekannt und beliebt.
  • Sie baute eine Beratungsstelle für Flüchtlinge im Keller des Caritas-Zentrums auf, führte Familien wieder zusammen - und hielt mit ihrer Meinung auch vor Politikern nicht zurück.
  • Nach 32 Jahren verlässt Schwester Stefanie Herten und kehrt ins Mutterhaus ihres Ordens zurück.

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Nach 32 Jahren in Herten nimmt Schwester Stefanie Müllenborn Abschied von ihrer langjährigen Wirkungsstätte. Sie wird Ende September in das Mutterhaus der Franziskanerinnen in Salzkotten (Kreis Paderborn) umziehen. „Es war eine schöne Zeit hier im Ruhrgebiet. Ich bedanke mich besonders bei den geflüchteten Menschen, durch die ich erst die Möglichkeit erhalten habe, etwas Gutes zu tun“, sagt die 75-jährige Ordensfrau.

Bekannt ist Schwester Stefanie vor allem durch ihren unermüdlichen und engagierten Einsatz für Asylsuchende und Flüchtlinge. Neben individuellen Hilfen in der Flüchtlingsberatung des Caritasverbands Herten und im „Haus der Kulturen“ hat sie sich immer wieder für Menschen in Not eingesetzt.

 

Kritik an Asylpolitik

 

„Das war und ist auch weiterhin notwendig angesichts der Flüchtlingskrisen, die wir erleben“, sagt die couragierte Schwester, die kein Blatt von den Mund nimmt, wenn es darum geht, ungerechte Entscheidungen und Gesetzgebungen in der deutschen und europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik anzuprangern.

Ihr Engagement gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution führte sogar zu einer Einladung, vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf zu sprechen. Auch nahm sie 2009 als Sachverständige zusammen mit dem damaligen münsterschen Weihbischof Josef Voß im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf zum Bleiberecht Stellung.

 

Sie wohnte in einer Flüchtlingsunterkunft

 

Schwester Stefanie (2.v.r.) mit Weihbischof Dieter Geerlings und ihren Mitschwestern Provinzoberin Schwester Angela (links) und Schwester Hildegarde bei der Verabschiedungsfeier in Herten. | Foto: Annegret Spiekermann
Schwester Stefanie (2.v.r.) mit Weihbischof Dieter Geerlings und ihren Mitschwestern Provinzoberin Schwester Angela (links) und Schwester Hildegarde bei der Verabschiedungsfeier in Herten. | Foto: Annegret Spiekermann

Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, leben nach ihrer Ankunft in Deutschland erst einmal in Gemeinschaftsunterkünften auf engem Raum, ist die Erfahrung von Schwester Stefanie. Nach der Zuweisung in eine Stadt, zum Beispiel Herten, würden die Familien dann dezentral in angemieteten Wohnungen untergebracht, um mehr Privatsphäre zu ermöglichen. „Jedoch ist es auch hier üblich, dass sich alle Familienmitglieder ein bis zwei Zimmer teilen müssen, in vielen Fällen jahrelang“, sagt die Ordensfrau.

In der Zeit des Asylverfahrens müssten sich die Familien an dem Ort aufhalten, dem sie zugewiesen sind. „Es ist nicht gut, auf längere Zeit in kleinen Räumen zu leben“, sagt Schwester Stefanie, die selbst einige Jahre in einer Flüchtlingsunterkunft in Herten wohnte, um nahe bei den Schutzsuchenden zu sein.

 

Ordensfrau der Taten statt der Worte

 

Als der münstersche Weihbischof Dieter Geerlings die Franziskanerschwester vor einigen Tagen aus der offiziellen Arbeit beim Caritasverband Herten verabschiedete, beschrieb er sie als eine „engagierte Frau der Taten statt der Worte, als eine Ordensfrau, die lieber streitbar ist, als etwas einfach auszuhalten“.

Sie habe die franziskanischen Ideale in Herten gelebt, heißt es in vielen Lobesreden, die Schwester Stefanie aber nur bescheiden wertet: „Ich habe nur das getan, was meine Pflicht und meine Überzeugung war.“ Die Franziskanerinnen von Salzkotten handelten als Teil der Kirche: „Unsere vorrangige Option gilt den Armen und Schwachen“, sagt sie.

 

Einsatz für Familien-Zusammenführung

 

Überglücklich war Misrit Hagos aus Eritrea 2017 darüber, dass ihre Tochter (9) und ihr Sohn (7) nach mehrjähriger Trennung zu ihr nach Deutschland kommen konnten. | Foto: Michael Bodin (fcjm)
Überglücklich war Misrit Hagos aus Eritrea 2017 darüber, dass ihre Tochter (9) und ihr Sohn (7) nach mehrjähriger Trennung zu ihr nach Deutschland kommen konnten. | Foto: Michael Bodin (fcjm)

Für diese Option für die Armen arbeitete sie in Herten: 1988 baute sie eine Beratungsstelle für Flüchtlinge im Keller des Caritas-Zentrums auf, 1990 das Café Orientale. 1998 begleitete sie viele Flüchtlinge nach Bosnien. Sie war 1999 Mitgründerin der Hertener Bürgerstiftung, engagierte sich in der Arbeitsgemeinschaft Solwadi von Schwester Lea Ackermann gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution, baute 2000 das „Haus der Kulturen“ mit auf. Ehrungen erhielt sie einige, wie den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen oder die Würdigung durch das Bündnis für Demokratie.

Es gab viele schöne Erlebnisse sagt die aus der Eifel stammende Ordensschwester zum Abschied ihrer sozialen Arbeit im Ruhrgebiet und erzählt von einem Erleben aus dem Herbst 2017: Damals konnte eine junge geflüchtete Mutter aus Eritrea nach fast fünfjähriger Trennung endlich ihre beiden älteren Kinder wieder in die Arme schließen. Nach langen Wirren und vielen bürokratischen Abläufen kamen die inzwischen neunjährige Tochter und der siebenjährige Sohn am Flughafen in Frankfurt an.

 

Dramatische Flucht übers Mittelmeer

 

„Für die orthodoxe Christin, die 2013 nach einer dramatischen Flucht über das Mittelmeer nur mit ihrer damals einjährigen jüngsten Tochter nach Herten kam, endete damit eine schreckliche Zeit des Hoffens und Bangens um ihre beiden anderen Kinder“, erläutert Schwester Stefanie. Die Eritreerin sagte damals: „Ohne Schwester Stefanie hätte ich die Familienzusammenführung nicht geschafft.“

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