Letzte Messfeier in St. Nikolaus am Samstag

Nach Kirchen-Profanierung: Ökumenischer Neuanfang in Rheinberg-Orsoy

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Am 14. Oktober wird die St.-Nikolaus-Kirche in Rheinberg-Orsoy profaniert, Wohnungen entstehen darin. Die Katholiken finden eine ungewöhnliche neue Heimat ganz in der Nähe.

Die vor 175 Jahren im Dorf Orsoy in Rheinberg (Kreis Wesel) erbaute Kirche St. Nikolaus wird am 14. Oktober profaniert. Drei Investoren aus dem Stadtgebiet haben das Gebäude gekauft und bauen es zu einem Wohnhaus mit 13 Wohnungen um.

Im Einvernehmen hatten der Kirchenvorstand und der Pfarreirat der Pfarrei St. Peter Rheinberg mit dem Gemeinde-Ausschuss von St. Nikolaus entschieden, das Gotteshaus aufzugeben. Die katholischen Gottesdienste werden dauerhaft in der 200 Meter entfernt gelegenen evangelischen Kirche gefeiert.

Renovierung hätte 1,1 Millionen Euro gekostet 

„Wir sind froh, für das Gebäude eine gute Lösung gefunden zu haben, und dankbar, mit der evangelischen Gemeinde wichtige Schritte in die Zukunft gehen zu können“, sagt Heiner Berg zu „Kirche-und-Leben.de“. Das langjährige Kirchenvorstandsmitglied hatte im Auftrag der Pfarrei und in Absprache mit der Zentralrendantur und dem Bistum Münster die Gespräche mit Investoren aufgenommen.

Der Pfarrei war klar, dass eine aufwändige Renovierung der St.-Nikolaus-Kirche nicht mehr zu finanzieren ist. „Gutachten ergaben Kosten von rund 1,1 Millionen Euro für die Erhaltung des Gebäudes. Es gibt Schäden am Dach und den bekannten Renovierungsstau“, sagt Berg.

Grundstück bleibt Kircheneigentum

Hinzu komme die allgemeine Kirchenentwicklung, die es erforderlich mache, „genau zu schauen, wo und in welchem Bereich noch investiert werden kann“. Ein Abriss des Gebäudes, der auch diskutiert worden sei, hätte die Pfarrei 350.000 Euro gekostet.

Der Kaufpreis für das Gebäude sei „niedrig“ gewesen. Das Grundstück bleibe durch einen Erbpachtvertrag im Eigentum der Pfarrei. Im Gebäude sollen auf drei Ebenen Wohnungen entstehen, die vermietet werden. Die gesamte Wohnfläche beträgt 940 Quadratmeter. Die großen Kirchenfenster bleiben erhalten. Einige bauliche Veränderungen wird es trotz Denkmalschutz geben.

Ökumenische Gastfreundschaft

Die Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde verlaufe „sehr einvernehmlich“, sagt Berg: „Die evangelische Kirche ist vor einigen Jahren für mehrere Millionen Euro aufwändig renoviert worden. In dieser Zeit feierten die evangelischen Christen ihre Gottesdienste in der St.-Nikolaus-Kirche. Auch die katholische Gemeinde erlebte schon Gastfreundschaft, als sie die evangelische Kirche während einer vorübergehenden Kirchenschließung für ihre Messfeiern nutzte“, sagt Berg. Schon vor einiger Zeit habe der aufwändig restaurierte Altar von St. Nikolaus aus der Zeit um 1500 seinen Platz in der evangelischen Kirche gefunden. 

In Orsoy wird nicht nur das Gotteshaus in ökumenischer Verbundenheit genutzt. Die evangelische Gemeinde und die katholische Pfarrei planen gemeinsam ein neues „Haus der Gemeinden“. Es wird auf einer freien Rasenfläche zwischen der evangelischen und katholischen Kirche entstehen.

Neues „Haus der Gemeinden“

Die evangelische Kirche stellt das Grundstück, die katholische Kirche bezahlt den Bau eines Gebäudes mit einer Fläche von 250 Quadratmetern. Neben einem 110 Quadratmeter großen Saal entstehen Gruppen- und Lagerräume sowie eine Küche. Die Baukosten betragen voraussichtlich 950.000 Euro.

„Auch für das neue Gemeindezentrum gibt es grünes Licht von der evangelischen Landeskirche und vom Bistum Münster“, ist Berg zufrieden. „Für den Stadtteil Orsoy ist das ein Gewinn.“

Prozession zur evangelischen Kirche

Während der letzten Messfeier in St. Nikolaus am 14. Oktober um 18 Uhr wird Weihbischof Rolf Lohmann die Urkunde des Bischofs zur Profanierung verlesen. Nach dem Schlusssegen werden der Kelch mit den Hostien, das Ewige Licht, das Evangeliar und weitere liturgische Gegenstände in einer Prozession in die evangelische Kirche getragen. 

Noch ungewiss ist die weitere Verwendung der drei Kirchenglocken und der Kirchenorgel. „Da setzen wird noch auf kreative Lösungen“, sagt Berg.

Über Profanierung und ökumenischen Neuanfang sagt Pfarrer Martin Ahls: „Sicher ist viel Abschiedsschmerz dabei, weil es viele Menschen gibt, die mit der Kirche St. Nikolaus viel Schönes verbinden. Trotzdem dürfen wir uns über die gefundene Lösung gemeinsam freuen, denn damit ist klar, dass es auch eine gemeinsame Zukunft in herzlicher ökumenischer Verbundenheit geben wird.“

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