Neues Dokument: Keine Durchbrüche bei Abendmahl-Frage erwartet

Ökumene: Das neue Schlagwort heißt „engagierte Nüchternheit”

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Schwangerschaftsabbruch, Sterbehilfe, Ehe für alle - in ethisch-moralisch umstrittenen Themen vertreten die katholische und evangelische Kirche oft verschiedene Ansichten. Die ökumenische Zusammenarbeit soll dies aber nicht trüben.

Dass katholische und evangelische Christen nicht offiziell gemeinsam Abendmahl feiern können, ist für viele Gläubige bis heute sichtbares Zeichen der bestehenden Kirchentrennung. Und das neue Ökumene-Papier der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), das am Donnerstag vorgestellt wurde, macht Gläubigen in dieser Hinsicht auch wenig Hoffnung: Es sei nüchtern zu bilanzieren, „dass hier in nächster Zeit keine Durchbrüche zu erwarten sind“, heißt es im gemeinsamen Geleitwort der amtierenden EKD-Ratsvorsitzenden Kirsten Fehrs und des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Georg Bätzing.

Doch das soll nicht bedeuten, dass man nicht an anderer Stelle in der Ökumene etwas bewegen kann, lautet der Tenor des Textes mit dem Titel „Mehr Sichtbarkeit in der Einheit und mehr Versöhnung in der Verschiedenheit“. Denn in Zeiten zunehmender Säkularisierung wollen die evangelische und katholische Kirche in Deutschland noch enger zusammenarbeiten.

Die Kirchen erlebten derzeit eine Umbruchphase, sagte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung. Gerade in so einer Situation dürfe die Ökumene nicht „unter die Räder geraten“, betonte er. Der katholische Ökumene-Bischof, Gerhard Feige (Magdeburg), fügte hinzu, eine engere Zusammenarbeit sei aber kein „Zweckrationalismus“, um gesellschaftliche Bedeutung zurückzuerlangen.

Es gehe „nicht immer um die endgültige Einheit“

Der Text ist aus dem Kontaktgesprächskreis von Bischofskonferenz und EKD entstanden und nimmt Bezug auf das gemeinsame Dokument, das 2017 anlässlich des Gedenk- und Feierjahrs zu 500 Jahre Reformation veröffentlicht wurde. Damals griff man auf die Formel „Sichtbare Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ zurück, um die Beziehungen zwischen der evangelischen und katholischen Kirche zu beschreiben. Die Formel ist aber älter. Sie stammt aus dem Ökumene-Prozess der Kirchen, die aus der Reformation hervorgingen, und mündete 1973 in die Leuenberger Konkordie, in der sich die protestantischen Kirchen Europas die volle Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft zusicherten.

Der nun vorgestellte ökumenische Text enthalte zwei Paradigmenwechsel, erläuterte die evangelische Theologin Miriam Rose. Zum einen begreift er die Ökumene als langen Prozess, der Höhen und Tiefen erlebt. Damit kehre man von der Vorstellung ab, die Ökumene sei immer auf das Ziel der endgültigen Kircheneinheit gerichtet.

„Kein Stückwerk“

Vieles, was in den Gemeinden ohnehin geschehe, habe schon jetzt eine theologische Bedeutung und sei eben kein Stückwerk, sagte Rose. Dieser Paradigmenwechsel mündet in die in dem Dokument formulierte Aussage: „Wir sagen einander zu, Kirche nicht für uns allein, sondern nur im Dialog miteinander sein zu wollen.“

Der zweite Paradigmenwechsel bezieht sich auf die Haltung zur Ökumene. Hier heißt das neue Schlagwort „engagierte Nüchternheit“.

„Nicht resignieren“

Dies bedeute nicht, dass man resigniere, betonte Rose. Es heiße vielmehr, sich von Rückschlägen nicht mehr so stark irritieren zu lassen - wie sie etwa in Bezug auf das Ökumene-Papier „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ 2019 aus dem Vatikan kamen. Was das jüngste gemeinsame Dokument angeht, erwartet der katholische Bischof Feige keine Irritationen. Es werde „sicher mit großem Wohlwollen“ aufgenommen werden, sagte er.

Im Alltag vieler Kirchengemeinden werde eine große Nähe zwischen den Konfessionen gelebt. Doch der Stand der theologischen Verständigung entspreche dieser Nähe nicht immer, heißt es im Text. „Die ökumenisch Bewegten treiben die Ökumene voran“, sagte Feige. Das sei auch gut so, damit die anderen nicht „in satter Genügsamkeit“ zurückblieben.

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