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Ein neuer Skandal rückt den Umgang mit Geld im Vatikan in den Brennpunkt. Warum läuft dort offenbar so viel schief? Wer kontrolliert überhaupt? Ginge das auch anders? Die wichtigsten Antworten.
Papst Franziskus hat erstmals öffentlich von einem „Skandal“ und „unsauberen“ Geschäften im Vatikan gesprochen. Wir erklären, warum die Vatikanfinanzen so schwer zu kontrollieren sind.
Woher bekommt der Heilige Stuhl Geld?
Als zentrale Leitungsbehörde einer weltweiten Organisation und als Träger karitativer Einrichtungen hat der Heilige Stuhl hohe laufende Kosten, die meisten davon für Personal. Die Einnahmen kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen. Dazu zählen die Gewinne der Vatikanbank IOR aus Gebühren und Zinsen sowie die an den Heiligen Stuhl abgeführten Gewinne des Vatikanstaates, etwa aus Eintrittsgeldern und dem Verkauf von Briefmarken. Hinzu kommen Erträge aus Kapitalanlagen und Immobilien, die von unterschiedlichen Vatikan-Institutionen autonom verwaltet werden. Aus der Weltkirche kommt Geld durch die weltweite Kollekte des „Peterspfennigs“ und durch Überweisungen der Bistümer, insbesondere aus den USA, Italien und Deutschland.
Warum ist die Aufsicht über die Vatikanfinanzen so schwierig?
Unter dem Dach des Heiligen Stuhls verwalten und investieren unterschiedliche Institutionen mit teils jahrhundertealter Autonomie ihre Finanzen. Dazu zählen die Vatikanbank IOR, die vatikanische Güterverwaltung APSA, das vatikanische Staatssekretariat, die Missionskongregation und weitere Organe. Eine Finanzaufsicht, die all diese Organe kontrollieren soll, hat erst 2010 Papst Benedikt XVI. mit dem Namen „Autorita di Informazione Finanziaria“ (AIF) geschaffen.
Wie arbeitet die Finanzaufsicht?
Die AIF soll überwachen, dass Transaktionen regelkonform sind. Zudem ist sie für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständig. Laut Statut genießt sie dafür weitgehende Unabhängigkeit und einen besonderen Schutz ihrer Informationen. Die operative Tätigkeit verantwortet ein Direktor mit einem kleinen Mitarbeiterstab. Ihm übergeordnet ist ein Aufsichtsrat aus internationalen Finanzexperten und Managern sowie ein Präsident. Die AIF sammelt Hinweise auf auffällige Transaktionen - durch eigene Recherchen wie durch Hinweise vatikanischer Behörden und im Austausch mit nicht-vatikanischen Institutionen. Verdachtsfälle werden an die Staatsanwaltschaft gemeldet. Jährlich veröffentlicht die AIF einen Bericht, der verdächtige Aktivitäten, Meldungen an die Staatsanwaltschaft, grenzüberschreitende Geldtransfers größeren Umfangs und Kontosperrungen dokumentiert.
Worum geht es beim jüngsten Finanzskandal?
Medienrecherchen zufolge investierte das Staatssekretariat 2014 einen dreistelligen Millionenbetrag in einen Immobilienfonds und entschloss sich - um größere Verluste abzuwenden - später, die gesamte Immobilie in London zu übernehmen. Dabei wurde die Ablösung einer Hypothek fällig, wofür die Vatikanbank IOR einen abermals dreistelligen Millionenbetrag bereitstellen sollte. Das führte laut den Berichten zu einer Anzeige des IOR und der Antikorruptionsstelle. Die vatikanische Staatsanwaltschaft veranlasste am 1. Oktober eine Razzia in Büros des Staatssekretariates und der AIF.
Warum lässt der Vatikan nicht einfach internationale Aufsichtsgremien seine Finanzen überprüfen?
Das kann er nur für die Vatikanbank zulassen, weil sie eine - wenn auch sehr spezielle - Bank ist. Dort funktioniert die Kontrolle seit einigen Jahren skandalfrei. Schwieriger ist es mit den Organen, die Teil des völkerrechtlich souveränen Heiligen Stuhls sind. So wie etwa die Anlagen der deutschen Bundesvermögensverwaltung nur auf nationaler Ebene kontrolliert werden können, muss auch der Heilige Stuhl die finanzielle Kontrolle seiner Organe selbst vornehmen. Da ihm hierzu meist die fachliche Kompetenz fehlt, beruft der Papst oft ausländische Fachleute in die vatikaneigene AIF.